Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant für kommendes Jahr mit einer Neuverschuldung von 99,7 Milliarden Euro und damit deutlich mehr als noch in seinen im Frühjahr vorgelegten Eckpunkten zum Budget vorgesehen. Das geht aus dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 und die Finanzplanung bis 2025 hervor. "Dafür gibt es gute Gründe, die auch coronabedingt sind", sagte ein hochrangiger Regierungsbeamter. So fallen Zuschüsse in verschiedenen Bereichen und Mehrausgaben für das Klimaschutz-Sofortprogramm an. In den Eckwerten hatte der Finanzminister bisher eine Nettokreditaufnahme von 81,5 Milliarden Euro eingeplant.

Gegenüber den Eckwerten neu hinzugekommen sind laut den Angaben unter anderem ein Zuschuss von 7 Milliarden Euro für den Gesundheitsfonds, 1 Milliarde für die Pflegekasse, 1 Milliarde für die Bundesagentur für Arbeit, zusätzliche 3 Milliarden Euro für die Corona-Wirtschaftshilfen des Bundes sowie je 1 Milliarde für den Verteidigungshaushalt und Entwicklungshilfeausgaben, sodass eine Nato-Quote der Verteidigungsausgaben auf 1,5 Prozent steigt. Für das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 werden laut den Angaben rund 8 Milliarden Euro im Budget bereitgestellt, überwiegend 2022.

Für das kommende Jahr will die Regierung laut dem Plan erneut wegen der Coronavirus-Pandemie eine Ausnahmeregelung von der Schuldenbremse nutzen. 2023 soll dies dann aber nicht mehr nötig sein. Die Neuverschuldung soll 2023 bei 5,4 Milliarden Euro, 2024 bei 12,0 Milliarden und 2025 bei 11,8 Milliarden Euro liegen. "Ab 2023 werden wir die Ausnahmeregel von der Schuldenbremse aus heutiger Sicht nicht mehr benötigen", sagte der Beamte.


Bund plant Ausgaben von 443 Milliarden 

Laut dem Budgetplan sollen die Ausgaben nächstes Jahr auf 443,0 Milliarden Euro sinken, nach 547,7 Milliarden in diesem Jahr. Im Jahr 2023 sollen sie nach Scholz' Planung bei 403,4 Milliarden Euro liegen, 2024 bei 407,6 Milliarden und 2025 bei 408,3 Milliarden Euro. Die Investitionsausgaben sollen von 2022 bis 2025 mit jeweils rund 51,0 Milliarden Euro konstant bleiben. Sie liegen damit aber unter dem Wert von 59,3 Milliarden Euro, der für 2021 geplant ist. Die Steuereinnahmen werden für 2022 mit 315,2 Milliarden Euro veranschlagt, 2025 sollen sie bei 359,2 Milliarden Euro liegen.

Dabei wird im Finanzplan die ursprünglich für Flüchtlingskosten angelegte Rücklage des Bundes mit 30,6 Milliarden Euro im Jahr 2023, 16,5 Milliarden im Jahr 2024 und 1,2 Milliarden Euro im Jahr 2025 aufgezehrt. 2025 verbleibt demnach ein finanzpolitischer "Handlungsbedarf" in Höhe einer Finanzierungslücke von 6,2 Milliarden Euro - in den Eckwerten hatte er noch bei 4,9 Milliarden Euro im Jahr 2024 und 15,2 Milliarden Euro im Jahr 2025 gelegen.

Eine andere Ministeriumsvertreterin betonte, mit den Maßnahmen der Regierung sei "eine Abwärtsspirale in unserem Land vermieden" worden. "Wir erwarten bereits Ende dieses Jahres die Rückkehr des Bruttoinlandsproduktes zum Vorkrisenniveau." Die Verschuldungsquote sei mit rund 74,5 Prozent des BIP im Jahr 2021 wesentlich niedriger als nach der Finanzkrise. Scholz liefert mit dem Budgetplan die Grundlage für die Entscheidungen der kommenden Regierung. Im gegenwärtigen Bundestag wird der Entwurf nicht mehr beschlossen. Nach der Bundestagswahl wird er von der neuen Regierung überarbeitet werden. Er dürfte dann erst zum Jahresende beschlossen sein.

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June 21, 2021 09:32 ET (13:32 GMT)