Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann haben mit scharfer Kritik auf Berichte über ein Treffen von AfD-Funktionären mit Rechtsextremen reagiert, bei denen es um eine massenhafte Abschiebung von Migranten aus Deutschland gegangen sein soll.

Wer sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte, sei ein Fall für den Verfassungsschutz und die Justiz, schrieb der Kanzler auf der Plattform X. "Die Justiz muss tätig werden, die Sicherheitsbehörden - und knallharte Konsequenzen müssen gezogen werden", sagte Linnemann dem Sender Phoenix. Die Parteiführung prüfe derzeit, ob Mitglieder der Werteunion im November an dem Treffen in Potsdam teilgenommen hätten, die CDU-Mitglieder seien. "Sollte dies so sein - und vieles spricht dafür - werden wir harte Konsequenzen ziehen. Die Sicherheitsbehörden müssen aktiv werden und wir werden das unterstützen", betonte der CDU-Generalsekretär.

Laut einem Bericht des Recherchenetzwerks Correctiv haben sich AfD-Vertreter im vergangenen November mit Rechtsextremen getroffen, um Pläne für eine massenhafte Ausweisung von Migranten zu erörtern. Die AfD erklärte daraufhin, dass es sich nicht um ein Parteitreffen gehandelt habe und sich nichts an den bekannten Positionen der Partei zur Einwanderungspolitik ändere.

"Wir lassen nicht zu, dass jemand das 'Wir' in unserem Land danach unterscheidet, ob jemand eine Einwanderungsgeschichte hat oder nicht", schrieb der Kanzler am Donnerstag auf der Online-Plattform X mit Hinweis auf den Bericht des Recherchenetzwerks. Der Staat schütze alle, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe "oder wie unbequem jemand für Fanatiker mit Assimilationsfantasien ist". Er sei kein Lippenbekenntnis, wenn man sage, dass man aus der Geschichte gelernt habe, fügte Scholz in Anspielung auf die NS-Zeit hinzu. "Demokratinnen und Demokraten müssen zusammenstehen."

Im brandenburgischen Cottbus appellierte er, dass auch in Ostdeutschland zunehmend ausländische Fachkräfte gebraucht würden. "Wenn Städte wie Cottbus heute ein Problem haben, dann ist es sicher nicht mehr der Arbeitsmangel, sondern der Arbeitskräftemangel", betonte der SPD-Politiker. "Wir brauchen aber auch internationale Fachkräfte, die sich hier wohlfühlen müssen, damit sie kommen und ihre Familien mitbringen", fügte Scholz hinzu. Diese müsse man mit offenen Armen empfangen.

Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte dem Sender MDR, dass es bei dem Treffen von AfD-Politikern mit Rechtsextremen im Grunde um Deportationen nach Afrika gehe. Genereller äußerte sich Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang. Er wünsche sich, "dass die Mitte der Gesellschaft, die schweigende Mehrheit in diesem Land, wach wird und auch endlich klar Position bezieht gegen Extremismus in Deutschland", sagte er der ARD-Sendung "Kontraste".

Der Fall heizte auch wieder die Debatte um ein mögliches Parteienverbot der AfD da. Während SPD-Chefin Saskia Esken dafür erneut Sympathie zeigte, bremste der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff. "Jetzt bei den Wahlen die AfD zu besiegen, muss das Ziel sein", sagte Wulff den Sendern RTL/ntv. Auch er halte die Partei für fremdenfeindlich. "Die juristischen Fragen müssen seriös diskutiert werden, aber dürfen nicht übereilt getroffen werden", so der frühere Bundespräsident.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)