- von Alexander Hübner und Klaus Lauer

München/Berlin (Reuters) - Der Hamburger Milliardär Klaus-Michel Kühne hat den Ausstieg des Bundes bei der Lufthansa genutzt und seinen Einfluss bei der Fluggesellschaft ausgebaut.

Die schweizerische Kühne Holding teilte am Mittwoch mit, sie habe bei der Platzierung der verbliebenen Anteile des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zugegriffen und ihren Anteil von zuletzt 15,01 auf 17,5 Prozent ausgebaut. "Dies unterstreicht die positive Sicht der Kühne Holding auf das Unternehmen", betonte eine Sprecherin. Der 85-Jährige, der als einer der reichsten Deutschen gilt, hatte erst vor kurzem Interesse an einer weiteren Aufstockung signalisiert. Lufthansa-Chef Carsten Spohr zeigte sich erleichtert, dass das Unternehmen zwei Jahre nach seiner Rettung durch den Staat in der Corona-Krise wieder vollständig in privater Hand ist.

"Ich bedanke mich (...) bei der aktuellen und vorherigen Bundesregierung und allen deutschen Steuerzahlern für ihre Unterstützung unserer Lufthansa in der schwersten finanziellen Krise der Unternehmensgeschichte", erklärte Spohr. Der in der Corona-Krise eingerichtete WSF hatte die Fluggesellschaft mit Stillen Einlagen von 5,7 Milliarden Euro gestützt und sich für 306 Millionen Euro mit 20 Prozent an ihr beteiligt. Verkauft hat sie die Aktien für 1,07 Milliarden. "Die Stabilisierung der Lufthansa war erfolgreich und sie zahlt sich auch finanziell für die Bundesregierung und damit für den Steuerzahler aus", sagte Spohr.

Es war das mit Abstand größte Engagement des WSF, der in Schieflage geratene Unternehmen mit fast zehn Milliarden Euro aufgefangen hatte. Jutta Dönges, die scheidende Chefin der Finanzagentur des Bundes, die den WSF verwaltet, bezifferte den Gewinn auf 760 Millionen Euro und sprach von einer erfreulichen Bilanz. Der Bund steigt damit ein Jahr früher aus als geplant. Der Bankenrettungsfonds, den der Bund in der Finanzkrise 2008 eingerichtet hatte, sitzt dagegen nach fast 14 Jahren noch auf Verlusten von mehr als 22 Milliarden Euro. Allein der Kurs der Commerzbank-Aktie müsste sich verdreifachen, bevor der Staat ohne Verlust bei dem Frankfurter Geldhaus aussteigen könnte.

BONI UND DIVIDENDEN WIEDER ERLAUBT

Kredite und Einlagen hatte die Lufthansa bereits im Herbst 2021 getilgt. Der totale Zusammenbruch des Geschäfts mit Dienst- und Urlaubsreisen in der Corona-Pandemie hatte sie an den Rand der Pleite geführt. Inzwischen zieht der Flugbetrieb wieder stark an. Mit dem Ausstieg des Staates darf die Lufthansa wieder Boni an Top-Manager zahlen und Dividenden ausschütten. Zugleich muss sie aber auch die Zinsen auf eine Hybridanleihe nachzahlen - allein das sind 22 Millionen Euro.

Kühne, dessen Geld vor allem in dem Logistik-Konzern Kühne+Nagel aus dem schweizerischen Schindellegi und in der Reederei Hapag-Lloyd steckt, war erst im Frühjahr bei der Lufthansa eingestiegen und war mit einer Beteiligung von gut 15 Prozent schnell zum größten Aktionär aufgestiegen. Damit kann er angesichts der niedrigen Präsenz auf den Hauptversammlungen wichtige Beschlüsse blockieren. Das Bundeskartellamt hatte aber zuletzt grünes Licht für die Aufstockung gegeben, auch wenn es auf eine mögliche Bevorzugung von Kühnes Unternehmen durch die Lufthansa bei der Luftfracht hinwies. Doch gebe es für andere Logistikfirmen genügend Ausweichmöglichkeiten.

Kühnes Lufthansa-Paket ist inzwischen 1,7 Milliarden Euro wert. Sein Vertrauter Karl Gernandt hatte für die Kühne Holding früh einen Posten im Lufthansa-Aufsichtsrat gefordert. Diesen könnte vom nächsten Jahr an Gernandt selbst besetzen, wie das "Handelsblatt" berichtete. 2023 laufen die Amtszeiten von drei Lufthansa-Aufsichtsräten aus, unter anderem die von Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley, mit dem sich Kühne kürzlich getroffen hatte.

Der Bund hatte seine Beteiligung bis Ende Juli bereits auf knapp zehn Prozent reduziert und in den folgenden Wochen immer wieder Lufthansa-Papiere marktschonend verkauft. Die letzten 74,4 Millionen Aktien - rund 6,2 Prozent - wurden über Nacht über die Investmentbanken Goldman Sachs und Deutsche Bank für 455 Millionen Euro bei Investoren platziert - darunter Kühne. Der Preis lag mit 6,11 Euro je Aktie 3,4 Prozent unter dem Xetra-Schlusskurs vom Dienstag. Am Mittwoch fielen Lufthansa-Papiere um 5,2 Prozent auf 5,99 Euro.

(Bericht von Alexander Hübner, Klaus Lauer, Oliver Hirt und Ilona Wissenbach, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)