Frankfurt (Reuters) - Vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank in dieser Woche wollen die Anleger an Europas Aktienmärkten nicht mehr ins Risiko gehen.

Der Dax gab am Dienstag um 0,3 Prozent auf 15.755 Punkte nach. Der EuroStoxx50 zog sich um 0,1 Prozent auf 4249 Zähler zurück. "Die Unsicherheit über die anstehende Zinsentscheidung ist groß und die Meinungen darüber, ob die EZB die Zinsen erhöht oder nicht, gehen auseinander", sagte Commerzbank-Analystin You-Na Park-Heger.

Im Vorfeld des EZB-Zinsentscheids am Donnerstag bewerteten Börsenprofis die Aussichten für die deutsche Wirtschaft im September erneut etwas weniger pessimistisch. Das Barometer zur Einschätzung der Konjunktur in den nächsten sechs Monaten stieg überraschend um 0,9 Punkte auf minus 11,4 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte. Allerdings fiel das Barometer zur Einschätzung der aktuellen Lage stärker als erwartet um 8,1 auf minus 79,4 Punkte. "So schlechte Werte wurden bisher nur in den ganz großen Krisen wie Covid, Finanzkrise, Platzen der Dot.com Blase, et cetera erreicht", konstatierte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Eine schnelle und steile wirtschaftliche Erholung bleibt damit leider ein unwahrscheinliches Szenario."

"Der Kitt, der in diesen Tagen alles an der Börse zusammenhält, ist die Hoffnung auf die Bestätigung, dass die Notenbanken weltweit eine Zinspause einlegen werden", sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. Mit Spannung warteten Börsianer daher auch auf die US-Inflationsdaten am Mittwoch, von denen sie Rückschlüsse auf den künftigen Zins-Pfad der US-Notenbank Fed erhoffen.

"Die US-Daten sind das wichtigste Ereignis der Woche, weil die Fed so empfindlich auf eingehende Inflationsdaten reagiert", sagte Adam Cole, Währungsstratege bei RBC Capital Markets. Im Vorfeld der Zahlen zog der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, um 0,2 Prozent auf 104,74 Punkte an. Der Euro büßte dagegen 0,2 Prozent auf 1,0723 Dollar ein.

ORACLE-ZAHLEN SCHRECKEN SAP-ANLEGER

Bei den Einzelwerten drückten enttäuschende Umsatzzahlen des US-Rivalen Oracle die Titel von SAP um bis zu 2,8 Prozent nach unten. Damit gehörte das größte europäische Softwarehaus zu den größten Dax-Verlierern. Oracle nannte als Grund für das geringer als von Analysten erwartete Umsatzplus die Zurückhaltung von Kunden bei Ausgaben für Cloud-Dienstleistungen wegen des unsicheren Wirtschaftsausblicks. Damit sei auch die Stimmung für SAP negativ, sagte ein Händler.

Der Münchner Triebwerkshersteller MTU setzte seine Talfahrt fort und büßte erneut um bis zu 5,8 Prozent ein, nachdem MTU-Aktien am Vortag bereits um gut acht Prozent eingebrochen waren. MTU hatte am Montag eingeräumt, dass Gewinn und Umsatz wegen der Materialprobleme beim Geschäftspartner Pratt & Whitney im laufenden Geschäftsjahr um eine Milliarde Euro geringer ausfallen könnten.

Dagegen legte der britische Mischkonzern AB Foods in London mehr als sechs Prozent zu, nachdem die Mutter des Mode-Discounters Primark die Gewinnprognose erneut nach oben gesetzt hat. Vor allem die Geschäfte bei Primark liefen rund.

Auch bei Hellofresh griffen Anleger nach einer äußerst positiven JPMorgan-Studie zu. Die Titel des Kochbox-Versenders sprangen in der Spitze um mehr als acht Prozent auf 32,04 Euro. Das ist der höchste Wert seit mehr als einem Jahr. Die US-Bank JPMorgan habe die Aktie auf die Fokus Liste gehoben und auf "Catalyst Watch" gesetzt, sagte ein Händler. Zugleich hob JPMorgan das Kursziel auf 38 Euro von zuvor 31 Euro an und behielt die Empfehlung "Overweight" bei.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)