Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Inflationsdruck im Euroraum dürfte im Oktober erneut zugenommen haben. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte erwarten, dass die Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat um 0,5 Prozent gestiegen sind, wodurch die Jahresteuerung auf 3,7 (September: 3,4) Prozent anziehen würde. Höher war die Inflation zuletzt im August 2008 (3,8 Prozent). Eurostat veröffentlicht die Daten am Freitag um 11.00 Uhr.

Der Anstieg der Verbraucherpreise fällt derzeit wegen verschiedener Sondereffekte deutlich stärker als in den vergangenen Jahren aus: Die Energiepreise steigen im Jahresvergleich deutlich, die Normalisierung der Mehrwertsteuer in Deutschland macht sich bemerkbar, und die Materialkosten haben im Zuge der weltweiten Konjunkturerholung stark zugenommen.

Die meisten Analysten (und die Europäische Zentralbank) gehen davon aus, dass die Effekte von Mehrwertsteuer und Energiepreisen 2022 verschwinden und auch die Materialkosten im Jahresverlauf zurückkommen werden. Die Inflationsrate würde dann wieder sinken, die Lohnabschlüsse würden sich am Inflationsziel der EZB von 2 Prozent orientieren, eine Lohn-Preis-Spirale wäre vermieden.

Für Unruhe unter Marktteilnehmern und Analysten sorgt allerdings, dass sich Lieferprobleme und hohe Materialkosten als hartnäckiger erweisen als zu Jahresbeginn erwartet und dass die Inflation Monat für Monat höher ist als im Vorfeld prognostiziert. An den Terminmärkten wird gegenwärtig eine erste EZB-Zinserhöhung für Ende 2022 eingepreist, was keinesfalls der Forward Guidance der EZB entspricht.

Hinweise auf die europäische Inflationsentwicklung geben bereits am Donnerstag Preisdaten aus Spanien (9.00 Uhr) und Deutschland (14.00 Uhr). Volkswirte erwarten, dass der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) in den beiden Ländern mit Jahresraten von 4,5 (4,0) und 4,5 (4,1) Prozent gestiegen ist. Für Frankreich (Freitag, 8.45 Uhr) werden 2,5 (2,2) Prozent HVPI-Inflation vorausgesagt.

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DJG/hab/apo

(END) Dow Jones Newswires

October 27, 2021 23:55 ET (03:55 GMT)