Lausanne (awp/sda) - Das Bundesgericht hat die Klage von zwei Grenzgängern wegen Rechtsmissbräuchlichkeit abgewiesen, die sich auf das Diskriminierungsverbot des Freizügigkeitsabkommens beriefen. Ihr Lohn wurde infolge der Frankenstärke in Euro ausbezahlt.

Offen gelassen hat das Bundesgericht in der öffentlichen Beratung am Dienstag, ob das Verbot der unterschiedlichen Entlöhnung von inländischen und EU-Arbeitnehmern auch für private Arbeitgeber gilt.

Nur zwei der Richterinnen sprachen sich dafür aus, dass das Diskriminierungsverbot des Freizügigkeitsabkommens (FZA) Drittwirkung hat und somit für auch für Private gilt.

Vertragsänderung akzeptiert

In den beiden behandelten Fällen hatten die Arbeitnehmer in eine Vertragsänderung eingewilligt. Andernfalls wäre ihnen gekündigt worden. Die Änderung sah vor, dass der Lohn ab dem 1. Januar 2012 wegen der Frankenstärke in Euro ausbezahlt wurde.

Als Grund für diese Massnahme nannten die im Kanton Jura und Kanton Schaffhausen angesiedelten Firmen die prekäre wirtschaftliche Situation der Unternehmen.

Die Mehrheit der Richterinnen war der Ansicht, es sei missbräuchlich eine Vertragsänderung zu akzeptieren und nach Vertragsauflösung den aufgrund des Wechselkurses entgangenen Lohn einzuklagen.

In beiden Fällen seien die Arbeitnehmenden nicht zu Gunsten der Arbeitgeberin schlechter gestellt worden. Vielmehr seien durch die Massnahme Arbeitsplätze gerettet worden. Dies hätten die Angestellten in beiden Fällen gewusst.

Die obersten gerichtlichen Instanzen im Kanton Schaffhausen und im Kanton Jura hatten die Klagen der beiden Arbeitnehmer gestützt und ihnen jeweils eine Lohnnachzahlung von rund 20'000 Franken zugesprochen. Dagegen gelangten die betroffenen Firmen ans Bundesgericht.

Keine Klagemöglichkeit

In der Minderheit blieben die beiden Richterinnen, die die Beschwerden der Firmen abweisen wollten. Gemäss Obligationenrecht könnten Arbeitnehmende auf gewisse unabdingbare Bestandteile des Vertragsverhältnisses nicht verzichten, weil diese zwingender Natur seien.

Auch das Diskriminierungsverbot falle darunter, sagten die Richterinnen. Es sei deshalb folgerichtig, dass entgangene Lohnteile aufgrund einer Diskriminierung trotz vorgängiger Einwilligung nachgefordert werden könnten.

Das Währungsproblem sei ausserdem ein Problem des Arbeitgebers, das nicht auf die Angestellten abgewälzt werden könne, führten die unterlegenen Richterinnen weiter aus.

Diese Abwälzung kritisiert auch der Verband Angestellte Schweiz in einer Medienmitteilung vom Dienstag. Zwar sehe das Obligationenrecht diese Möglichkeit vor. Damit würden jedoch die Grenzgänger diskriminiert, weil sie im Verhältnis zum Franken weniger Lohn erhalten würden.

Der Verband sieht mit dem Urteil des höchsten Schweizer Gerichts die Chance verpasst, den Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" hochzuhalten. Das Bundesgericht überlasse mit seinem Entscheid die Arbeitnehmer dem Dilemma eine Diskriminierung zu akzeptieren oder die Stelle zu verlieren. (Fälle 4A_239/2018 und 4A_215/2017 vom 15.01.2019)