30.01.2014

In der zweiten Dezemberhälfte gingen Meldungen durch die Medien, wie: "WTO einigt sich auf historisches Handelsabkommen". Im Detail betrachtet enthält das Abkommen lediglich zehn Einzelvereinbarungen zu eng begrenzten Themenfeldern. Dabei handelt es sich etwa um die Vereinfachung der Zollabwicklung im Handel oder einen besseren Zugang für die ärmsten Entwicklungsländer zu den Märkten der Schwellen- und Industriestaaten.

Die eigentlich strittigen Themen, wie beispielsweise eine noch aggressivere Marktöffnung, für Industrie- und Agrargüter oder Dienstleistungen standen gar nicht erst auf der Tagesordnung. Diese Wünsche der Industrie und Wirtschaft lassen sich in der WTO nicht mehr so leicht erfüllen, da die Entwicklungsländer in den vergangenen Jahren im Zuge der Verhandlungen ihre Interessen gebündelt haben und Schutzmechanismen für sich und für bäuerliche Wirtschaftsweisen einforderten. Und selbst in diesem Mini-Abkommen konnten Entwicklungsländer noch Teile ihrer Forderungen zur Ernährungssicherheit und Kleinbauernförderung durchsetzen.

"Das hatte die von Indien und Indonesien koordinierte G33 Gruppe von Entwicklungsländern mit kleinbäuerlicher geprägter Landwirtschaft schon lange in die Verhandlungen eingebracht", sagt dazu Tobias Reichert von Germanwatch, der in Bali die Verhandlungen beobachtet hat. "Neue Dringlichkeit erhielt dieser Vorschlag dadurch, dass die indische Regierung als Reaktion auf zivilgesellschaftliche Gruppen wie die Right to Food Campaign, kürzlich beschlossen hat, den Verkauf von staatlich subventionierten Grundnahrungsmitteln stark auszuweiten." Solche Programme gelten in der WTO als handelsverzerrende Unterstützung, wenn dafür zu staatlich festgelegten Preisen eingekauft wird. Die Einigung besteht nun darin, dass durch eine "Friedensklausel" kein WTO-Mitglied gegen die aktuellen Hilfsprogramme in Indien eine Klage anstrengen dürfe, bis eine dauerhafte Lösung durch eine Anpassung des Agrarabkommens vereinbart ist. "Das ist noch nicht der große Wurf, sondern bestenfalls ein Anfang", so Reichert.

Kritiker wie Biraj Patnaik von der indischen Right to Food Campaign oder das Hilfswerk Brot für die Welt fordern ebenfalls eine Nachbesserung. Demnach dürfe das Nahrungsmittelprogramm in Indien nicht auf Getreide beschränkt bleiben und auch andere Länder müssten staatliche Maßnahmen zur Ernährungssicherheit umsetzen dürfen.

Im Jahr 1995 ist das letzte multilaterale Abkommen in Kraft getreten, einhergehend mit der Gründung der WTO. Seither konnte keine Einigung erzielt werden. Aber die Handelspolitik wird außerhalb der WTO in bilateralen Abkommen scharf vorangetrieben. Allein die EU hat bis dato 45 Abkommen abgeschlossen und mit 87 Ländern steht sie in Verhandlungen. Die Inhalte der Abkommen gehen weit darüber hinaus, was in der WTO an Marktöffnung überhaupt diskutiert worden ist.

Berit Thomsen (AbL)


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