Washington (Reuters) - Die US-Notenbank spannt die Finanzmärkte mit Blick auf die von den Investoren herbeigesehnte Zinswende weiter auf die Folter.

Die Inflation habe zwar deutlich nachgelassen, sagte Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch laut vorab verbreitetem Redetext vor einem Kongressausschuss. Doch sei es nicht ausgemachte Sache, dass die Teuerungsrate in Richtung des Zielwerts der Notenbank von zwei Prozent falle. Die Währungshüter benötigten "größere Zuversicht" in einen nachhaltigen Rückgang, bevor sie die Leitzinsen senken könnten. Dennoch hat die Fed diesen wichtigen geldpolitischen Kurswechsel 2024 auf dem Radar: "Wenn sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen wie erwartet entwickelt, wird es wahrscheinlich angebracht sein, im Laufe des Jahres damit zu beginnen, die straffe geldpolitische Linie zurückzufahren", sagte Powell vor dem Ausschuss im Repräsentantenhaus.

"Die Notenbanker bleiben mithin auf Kurs in Richtung Zinswende im laufenden Jahr", so die Einschätzung von LBBW-Analyst Elmar Völker. Der Zeitpunkt sei aber momentan noch nicht gekommen. Powell nehme damit die Zinsentscheidung vom 20. März gewissermaßen vorweg. Auch für den übernächsten Zinsentscheid des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC) am 1. Mai seien die Chancen angesichts des robusten Arbeitsmarkts und der hartnäckigen Inflation im Dienstleistungssektor recht gering: "Aus heutiger Sicht ist daher die FOMC-Sitzung im Juni der erste realistische Termin für eine erste Senkung der Leitzinsen - dies aber nur dann, falls die Inflation bis dahin weiter nachlässt und die hohe wirtschaftliche Wachstumsdynamik sich abschwächt", meint der Experte.

ZINSWENDE IM JAHR DER PRÄSIDENTENWAHL

Die Fed bekämpft mit ihrer Hochzinspolitik die Inflation, die sich allerdings als zäh erweist: Die Verbraucherpreise stiegen zu Jahresbeginn um 3,1 Prozent und liegen damit noch immer deutlich über der von der Fed angestrebten Stabilitätsmarke von zwei Prozent. Nach teils aggressiven Erhöhungen pausierte die US-Notenbank mehrmals und hielt den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent konstant.

Dass sie dieses Jahr voraussichtlich bei Fortschritten im Kampf gegen die Inflation das geldpolitische Niveau senken wird, ist vor dem Hintergrund der im November anstehenden Präsidentenwahlen in den USA auch politisch von Brisanz: Sollten die Wähler in einem Umfeld niedriger Inflation und Arbeitslosigkeit sowie sinkender Leitzinsen zu den Urnen gehen, dürfte dies Rückenwind für den Amtsinhaber im Weißen Haus bedeuten - also Joe Biden. Der dürfte bei der Wahl erneut auf Donald Trump treffen. Im Rennen um die Kandidatur der Republikaner wird Trumps einzige verbliebene Rivalin Nikki Haley laut einem Insider das Handtuch werfen.

(Bericht von Howard Schneider, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)