Jerusalem (Reuters) - Bei einem erneuten Einsatz israelischer Truppen im besetzten Westjordanland sind mindestens fünf Palästinenser getötet worden.

27 weitere Menschen wurden verletzt, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium am Montag mit. In der Nacht kam es zu stundenlangen Kämpfen in der Stadt Dschenin, wo in einem großen Flüchtlingslager Hunderte teils schwer bewaffnete Kämpfer verschiedener militanter Palästinensergruppen wie Hamas und Islamischer Dschihad leben. Laut dem israelischen Militär, das mit Hunderten Soldaten im Einsatz war, wurde bei der Razzia unter anderem ein improvisierter Raketenwerfer beschlagnahmt. Zum zweiten Mal binnen weniger als zwei Wochen setzte das Militär auch Drohnen ein.

Die Armee erklärte, getroffen worden seien eine Waffenfabrik und ein Sprengstofflager sowie ein Gebäude, das als Kommandozentrum für die Dschenin-Brigaden gedient habe. Die Miliz, die sich aus Kämpfern verschiedener Palästinensergruppen in dem gleichnamigen Lager zusammensetzt, meldete ihrerseits Gefechte mit israelischen Truppen und den Abschuss einer Drohne.

Ausgelöst worden waren die stundenlangen, nächtlichen Kämpfe in dem Lager durch israelische Drohnenangriffe, wie sie es bis zu einem vergleichbaren Einsatz am 21. Juni seit 2006 nicht mehr gegeben hatte. Das israelische Militär rechtfertigte die jüngsten Drohnenangriffe mit dem immer größeren Ausmaß der Gewalt und dem wachsenden Druck auf die israelischen Bodentruppen. Mit dem Einsatz habe verhindert werden sollen, dass das Flüchtlingslager Palästinenser-Kämpfern weiterhin als Rückzugsort diene, sagte ein Militärsprecher. Dschenin sei zu einem "Hornissennest" geworden.

"ECHTER KRIEG"

Ein palästinensischer Rettungswagenfahrer erklärte, es würden ständig Verletzte aus dem Flüchtlingslager geholt. Das Camp sei aus der Luft angegriffen worden. "Was in dem Flüchtlingslager passiert, ist echter Krieg."

Dschenin galt schon vor der jüngsten Eskalation als Zentrum der Gewaltspirale in Nahost. Seit mehr als einem Jahr hat es dort zahlreiche Militäreinsätze gegeben, die laut Israel gegen mutmaßliche Extremisten gerichtet waren. Das Militär reagierte damit auf eine Reihe palästinensischer Anschläge in israelischen Städten und Siedlungen. Nach der letzten großen Razzia in Dschenin töteten palästinensische Kämpfer wiederum vier Israelis nahe einer jüdischen Siedlung im Westjordanland. Daraufhin verwüsteten jüdische Siedler palästinensische Dörfer in dem besetzten Gebiet.

Ein Sprecher von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas bezeichnete den jüngsten israelischen Einsatz als "ein neues Kriegsverbrechen gegen unser wehrloses Volk". Die palästinensische Reaktion dürfte maßgeblich davon abhängen, ob sich auch Kämpfer aus dem von der Hamas kontrollierten Gazastreifen daran beteiligen. Der Islamische Dschihad, dort die zweitstärkste bewaffnete Gruppe, erklärte, alle Optionen lägen auf dem Tisch. Die vom Iran unterstützte Miliz wird in vielen westlichen Ländern als terroristisch eingestuft. Sowohl die Hamas als auch der Islamische Dschihad haben sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben.

(Unter Mitarbeit von Nidal al-Mughrabi und James Mackenzie, geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

- von Ali Sawafta