BERLIN (Dow Jones)--Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat sich für eine weiter verlängerte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen ausgesprochen. Sie sei "für den Einzelhandel vor allem deshalb wichtig, weil die staatlichen Hilfen in der Branche nach wie vor nicht ankommen", erklärte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem Handelsblatt. Zwischen Union und SPD ist es über eine Verlängerung der derzeitigen Regelung zum Streit gekommen.

Entsprechende Pläne hatte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) in der vergangenen Woche vorgestellt. Demnach solle die Insolvenzantragspflicht für jene Firmen über den Januar hinaus verlängert werden, bei denen die Auszahlung der seit November vorgesehenen staatlichen Hilfen noch aussteht. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), wies das Ansinnen jedoch zurück. "Die Tinte der Unterschrift ist noch nicht ganz trocken und schon kommt die Justizministerin mit neuen Vorschlägen", sagte der CDU-Politiker dem Handelsblatt. "Das scheint mir dem aufziehenden Bundestagswahlkampf geschuldet zu sein."

Bereits im Frühjahr 2020 hatte die Bundesregierung die strengen Meldepflichten für Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit coronabedingt außer Kraft gesetzt. Für Zahlungsunfähigkeit gilt die Antragspflicht seit Oktober wieder. Für Firmen, die noch auf die Auszahlung der seit dem 1. November vorgesehenen Corona-Hilfen warten, wurde die Pflicht zum Stellen eines Insolvenzantrags weiter ausgesetzt. Der Bundestag hatte die Regel nochmals kurz vor Weihnachten um einen Monat bis Ende Januar ausgedehnt.

HDE-Hauptgeschäftsführer Genth betonte mit Blick auf die verzögerten Auszahlungen, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) müsse endlich nacharbeiten und die Überbrückungshilfen an die Realität im Handel anpassen. "Nur mit einem praxisnahen und schnellen staatlichen Hilfsprogramm lässt sich die anrollende Pleitewelle im Nicht-Lebensmittelhandel noch brechen", sagte Genth. "Außerdem müssen in den nächsten Monaten zusätzliche Belastungen der Wirtschaft durch neue gesetzliche Regelungen unbedingt vermieden werden."

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January 11, 2021 07:29 ET (12:29 GMT)