Börsen-Zeitung: Späte Genugtuung / Kommentar zu den Freisprüchen für
Breuer & Co. von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots) - Rolf Breuer kann, von den Lasten des Alters mal abgesehen, am
Sonntag unbeschwert seinen 82. Geburtstag feiern. Mit dem Urteil des
Bundesgerichtshofs (BGH), das die Freisprüche vom Vorwurf des versuchten
Prozessbetrugs bestätigt, erfahren Breuer sowie seine Nachfolger an der Spitze
der Deutschen Bank, Josef Ackermann und Jürgen Fitschen, in der Causa Kirch
späte Genugtuung und sind strafrechtlich voll rehabilitiert. Die Roten Roben
haben die Revision der sehr verfolgungseifrigen Münchener Staatsanwälte gegen
die 2016 ergangenen Entscheidungen des dortigen Landgerichts als unbegründet
verworfen. Rechtsfehler? Fehlanzeige.
Damit wurde siebzehneinhalb Jahre nach der Pleite des Kirch-Medienimperiums und
Breuers berühmten Interview ("Was alles man darüber lesen und hören kann ...")
das vielleicht letzte Kapitel in einem bayerischen Justizskandal geschrieben.
Ein kollusives, gewissermaßen verschwörerisches Zusammenwirken - die Angeklagten
sollten im Zivilprozess das Oberlandesgericht (OLG) durch falsche Angaben
getäuscht haben, um eine Klageabweisung zu erreichen -, konnte man als
Beobachter zeitweise ja eher zwischen OLG und Staatsanwaltschaft vermuten.
Kann die Sache damit in Gänze ad acta gelegt werden? Keineswegs. Nach der
Bestätigung der Freisprüche ist der Vergleich mit den Kirch-Erben, der die
Deutsche Bank 2014 mit allem Drum und Dran 1 Mrd. Euro kostete, fragwürdiger
denn je. Aus Sicht des Landgerichts, dessen Urteil nun rechtskräftig ist, hat
sich die einem OLG-Urteil von 2012 zugrundeliegende (von Anfang an
realitätsfremd erscheinende) Annahme, Breuers Interview habe darauf gezielt, ein
Beratungsmandat von Kirch zu erlangen, in der Beweisaufnahme nicht bestätigt.
Das OLG hatte die Bank zu Schadenersatz verurteilt, und die Ankläger sollen, wie
Breuer-Anwalt Norbert Scharf im Strafprozess feststellte, "unzulässigen Druck"
auf die Bank ausgeübt haben, einen Vergleich zu schließen.
Doch diesem Vergleich, auf den sich der Vorstand und der von Paul Achleitner
geführte Aufsichtsrat seinerzeit einließen - trotz guter Erfolgschancen, das
OLG-Urteil beim BGH zu Fall zu bringen -, fehlte offenbar die Basis. Sicher wird
niemand mehr die ohne Not gezahlte Milliarde zurückholen können, so wenig wie
Breuer seinen freiwilligen Beitrag von 3,2 Mill. Euro. Doch spätestens nach dem
BGH-Urteil sollte man darüber nachdenken, ob es nicht den Anfangsverdacht der
Untreue begründet, wenn eine Unternehmensführung auf Kosten der Aktionäre
voreilig einen solchen Vergleich schließt.
(Börsen-Zeitung, 01.11.2019)
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