Virulente Risiken, Kommentar zu Curevac von Sabine Wadewitz
Frankfurt (ots) - Es ist ein herber Rückschlag. Während junge Biotechunternehmen
in der Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 bislang Rekorde aufgestellt
haben, setzt Curevac den Kontrapunkt. Die Tübinger Firma muss nach einer
Zwischenanalyse ihrer Studienergebnisse einräumen, dass ihr Corona-Vakzin (noch)
nicht die erhoffte Immunantwort auslöst. Eine Zulassung steht damit in den
Sternen, sie ist aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen.

Misserfolge gehören in der Pharmaindustrie zum Geschäft. Doch die Probleme von
Curevac kommen insofern überraschend, als die eingesetzte mRNA-Technologie bei
Wettbewerbern wie Biontech und Moderna in der Indikation aus dem Stand
überragende Resultate gezeigt hat.

Für Curevac ist es nicht nur ein Rückschlag für die operative Reputation,
sondern ein dramatischer Vertrauensverlust. Das Unternehmen hatte schon zu
Beginn der Pandemie öffentlichkeitswirksam Hoffnung geschürt - vermutlich auch,
um vor dem Börsengang im vergangenen Sommer gute Stimmung bei Investoren zu
machen. So hatte der langjährige Hauptaktionär Dietmar Hopp bereits im März
2020
die Erwartung geweckt, eine Zulassung des Impfstoffs könnte im Herbst möglich
sein. Dieser Optimismus erwies sich rasch als Fehleinschätzung. Die Wettbewerber
waren im Markt, noch bevor Curevac die Probanden für die zulassungsrelevante
Studie beisammen hatte. Es wurde dann in Tübingen der Slogan verbreitet, man
wolle nicht mehr der Schnellste, aber der Beste sein. Auch dies kann
offensichtlich nicht eingelöst werden. Das Unternehmen, das bislang noch nicht
mit einem Produkt im Markt ist, hat es versäumt, sich frühzeitig einen
erfahrenen und schlagkräftigen Pharmapartner an die Seite zu holen.

Für die Investoren ist das Zwischenergebnis aus der Impfstoffstudie ein
Desaster. In erster Marktreaktion haben sich fast 10 Mrd. Dollar Börsenwert in
Luft aufgelöst. Allerdings muss es Anlegern klar sein, dass die Risiken virulent
sind, wenn sie ihr Geld in junge, noch nicht diversifizierte Biotechunternehmen
ohne Produktumsatz stecken. Dass auch der Bund dieses Wagnis eingegangen ist,
konnte schon bei Bekanntwerden des staatlichen Engagements nur Kopfschütteln
auslösen.

Medizinisch wirft das vorläufige Fazit von Curevac elementare Fragen auf. Denn
das Studienergebnis ist davon geprägt, dass der ursprüngliche Virustyp kaum noch
eine Rolle spielt, sondern noch aggressivere Virenstämme dominieren. Das stellt
auch die bereits zugelassenen Vakzine auf die Probe.

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