Spencer Stuart Board Index 2020 Deutschland: Höhere Anforderungen bei
steigendem Risiko - Deutsche Aufsichtsräte müssen mehr leisten
Frankfurt / München / Düsseldorf (ots) -

- Die zeitliche und inhaltliche Beanspruchung durch übernommene
  Aufsichtsratsmandate ist deutlich angestiegen. Dabei spielt die
  Digitalisierung eine wichtige Rolle. Gleichzeitig führen große
  Unternehmensskandale vor Augen, dass die Haftungsrisiken für Aufsichtsräte bei
  Pflichtverletzungen mindestens ebenso stark zugenommen haben.
- Mehr als ein Drittel der Aufsichtsräte (35 Prozent) sind mittlerweile Frauen,
  die gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote wird weitgehend erfüllt.

Das beherrschende Thema der vergangenen Jahre in den Aufsichtsräten war die seit
2016 gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote. Spencer Stuart, eines der Top drei
Executive-Search- und Leadership-Advisory-Unternehmen weltweit, analysiert mit
dem "Board Index", wie sich die Aufsichtsratsarbeit und die Governance in
relevanten Unternehmen verändert und weiterentwickelt. Dazu untersucht Spencer
Stuart weltweit und in Deutschland alle DAX-30-Unternehmen sowie 38 Unternehmen
aus M-DAX, S-DAX und Tec-DAX nach fest definierten Kriterien. Aktuell zeigt
sich: Bei der Erfüllung der Frauenquote sind die Unternehmen im Vergleich zu
2018 nochmals einen Schritt vorangekommen. Insgesamt stieg der Anteil von Frauen
von 32 Prozent auf 35 Prozent aller Mandate weiter an. Damit erfüllen
mittlerweile 90 Prozent der Unternehmen die gesetzliche Vorgabe.

Nur wenige Frauen sitzen dem Aufsichtsrat vor

Trotz dieser erfreulichen Entwicklung dominieren weiterhin eindeutig Männer die
deutschen Aufsichtsgremien. Nur bei wenigen Unternehmen sind mehr Frauen im
Aufsichtsrat als das Gesetz vorschreibt. Unter den untersuchten Unternehmen
befinden sich zudem nur fünf mit einer Frau an der Aufsichtsratsspitze. "Die
gesetzliche Frauenquote hat sich bei der Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden noch
nicht stark ausgewirkt", sagt Dr. Claudia Schütz, Mitglied der deutschen Board
Practice von Spencer Stuart. "Wir gehen aber davon aus, dass sich dies in den
kommenden Jahren mit der wachsenden Erfahrung weiblicher Aufsichtsräte ändern
wird. Immerhin ist die Zahl der weiblichen Vorsitzenden im Vergleich zu 2018
bereits von drei auf fünf angestiegen." Im DAX-30 hat mit Henkel nur ein
Unternehmen eine Frau an der Spitze des Aufsichtsgremiums.

Weniger Mitglieder, mehr Sitzungen und Ausschüsse

"Gleichzeitig sind insbesondere im längerfristigen Vergleich die
Kontrollpflichten und Anforderungen an die Aufsichtsräte substanziell
angestiegen", sagt Ralf Landmann, Deutschland-Geschäftsführer von Spencer
Stuart. Das lässt sich zum einen mit der Zahl der jährlichen Sitzungen belegen,
die sich von durchschnittlich 4,6 in 2008 auf 7,1 in 2020 deutlich erhöht hat.
Gleichzeitig hat sich die Größe der Aufsichtsräte seit 2010 von
durchschnittlich
16 Personen auf 14 verringert. Die Kontrollarbeit verteilt sich also auf weniger
Schultern. Und sie ist nicht geringer oder weniger anspruchsvoll geworden - ganz
im Gegenteil. Es sind zahlreiche regelmäßige Treffen in verschiedenen
Ausschüssen dazugekommen. Praktisch alle Unternehmen haben Sonderausschüsse
eingeführt, im Schnitt sind es vier mit unterschiedlichen Funktionen und
Sitzungszyklen. So erfordert etwa die Arbeit im Prüfungsausschuss, der den
Jahresabschluss prüft sowie interne und externe Prüfungsberichte im Detail mit
den Prüfern bespricht und für das Plenum fundiert vorbereitet, besondere
Kenntnisse in Bilanzierungs- und Finanzfragen. Dringend geboten ist auch
Branchen-/Sektor-Expertise.

Für einen Prüfungsausschuss stellen 97 Prozent der Aufsichtsräte Mitglieder
ab.
Ein Risiko-Komitee findet sich dagegen nur bei sieben Prozent der Unternehmen,
und das sind ausnahmslos Finanzinstitute, die laut Kreditwesengesetz dazu
verpflichtet sind. Fast die Hälfte aller untersuchten Unternehmen diskutiert
zudem im Aufsichtsrat regelmäßig die Unternehmensstrategie, vor sechs Jahren
waren solche Strategie-Meetings erst bei jedem dritten Unternehmen üblich.

Gremien werden digitaler

Um geeignete Aufsichtsräte zu finden, haben mittlerweile 93 Prozent der
Unternehmen ein Anforderungsprofil für Aufsichtsräte veröffentlicht.
Management-Erfahrung bleibt eine entscheidende Voraussetzung für die Berufung.
Diese bringen immerhin 75 Prozent der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat
mit. Daneben spielt Erfahrung in Finanz-Fragen eine herausragende Rolle, 56
Prozent erfüllen diese Anforderung, ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr mit 49
Prozent. Dagegen ging der Anteil der Aufsichtsräte, die über Branchenerfahrung
verfügen, um zwei Prozentpunkte auf 41 Prozent leicht zurück. Technologie-
beziehungsweise Digitalkompetenz ist weiterhin gesucht. Mittlerweile erfüllt
nahezu ein Drittel der Aufsichtsräte diese wichtige Anforderung. "Die
Digitalstrategie nicht nur zu verstehen, sondern sie kompetent zu hinterfragen
und im Vergleich zu Wettbewerbern einzuordnen und zu bewerten - das wird eine
immer wichtigere Aufgabe des Aufsichtsrats", sagt Landmann.

Unternehmens- und Bilanzskandale verdeutlichen die Haftungsrisiken für
Aufsichtsräte

Wie wichtig es ist, die Kontrollaufgabe gegenüber dem Vorstand sehr ernst zu
nehmen, zeigen jüngste Ereignisse in Deutschland. Kommt es zu
Unternehmensskandalen mit Bilanzfälschungen und sogar mutmaßlich kriminellen
Handlungen von Vorständen, dann stellt sich schnell die Frage nach einer
möglichen Mitverantwortung oder gar einer schuldhaften Pflichtverletzung der
Aufsichtsräte. "Jeder einzelne Aufsichtsrat muss sich darüber im Klaren sein,
dass es seine Aufgabe ist, den Vorstand zu beraten und zu kontrollieren, das
interne Kontrollsystem zu prüfen, die Zahlen und die Strategie konstruktiv
kritisch zu hinterfragen, um sich ein umfassendes und differenziertes Bild von
der Lage Im Unternehmen zu verschaffen", so Landmann. Vor diesem Hintergrund ist
es erstaunlich, dass zwar alle Aufsichtsgremien im Board Index ihre Arbeit in
der Regel einmal jährlich evaluieren lassen, aber nur 13 Prozent einen solchen
Board Review von externen Experten durchführen lassen. "Externe Spezialisten
können hier einen wichtigen Beitrag leisten, Defizite in der Kontrolle zu
identifizieren und einen kritischen Blick auf die Qualität der Arbeit des
Aufsichtsrats zu entwickeln", meint Claudia Schütz.

Zu folgenden ausgewählten Themen stehen weitere detaillierte Informationen im
"Board Index 2020 Deutschland" zur Verfügung:

- Aufsichtsratsvergütung: Der starke Anstieg der Vorjahre ist abgeflacht.
- Anteil ausländischer Mitglieder im Aufsichtsrat: Steigt weiter an, bleibt aber
  sehr heterogen, Spanne reicht von null bis zu 30 Prozent auf der
  Anteilseignerseite
- Alter und Amtszeit von Aufsichtsräten: Immer mehr Unternehmen führen
  Altersobergrenzen ein.
- Ehemalige Mitglieder des Vorstands im Aufsichtsrat: Sind zumindest im Dax
  nicht mehr so häufig vertreten wie früher.
- Aufsichtsratsvorsitzender: Ist im Durchschnitt 65 Jahre alt, aber mit großer
  Streuung.

Den gesamten Spencer Stuart Board Index 2020 Deutschland finden Sie als
Online-Version hier
(https://www.spencerstuart.de/research-and-insight/germany-board-index) .

Zur Studie

Der Board Index ist eine Bestandsaufnahme der Tätigkeit von Boards in wichtigen
Europäischen Ländern und den USA. In Deutschland erscheint er seit 18 Jahren im
zweijährigen Rhythmus; die Ergebnisse werden regelmäßig in den
Internationalen
Zusammenhang gestellt. Seit 2012 wertet Spencer Stuart öffentlich zugängliche
Daten von Unternehmen aus. Für den neusten Board Index 2020 wurden die Daten von
68 Gesellschaften erfasst. Das schließt alle DAX-30-Unternehmen sowie 38 aus dem
M-DAX, S-DAX und Tec-DAX ein.

Über Spencer Stuart

Spencer Stuart ist seit der Gründung 1956 prägender Vordenker der
Top-Executive-Search-Branche. Als einer der weltweit und in Deutschland größten
Anbieter berät die Partnerschaft führende Unternehmen und Organisationen dabei,
Schlüsselpositionen mit geeigneten Persönlichkeiten zu besetzen. Spencer Stuart
unterstützt Klienten zudem mit Dienstleistungen im Bereich Leadership Advisory
bei der Potenzial- und Talententwicklung, bei Kulturfragen sowie beim Aufbau und
der Weiterentwicklung von Aufsichtsgremien. Besondere Expertise hat Spencer
Stuart bei der Begleitung unternehmenskritischer Entscheidungen auf höchster
Ebene, in Nachfolge- und Übernahmesituationen sowie bei strategischen Prozessen
und Veränderungsphasen. Das Unternehmen ist weltweit mit mehr als 60 Büros in
über 30 Ländern vertreten und deckt mit mehr als 50 Practices unterschiedlichen
Industrien und Funktionen mit vertiefter Kompetenz ab.

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