BERLIN (Dow Jones)--Ökonomen halten die wirtschaftlichen Folgen einer Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer in Gebieten mit besonders hohen Infektionszahlen für überschaubar. "Wenn die berufliche Mobilität weiter möglich bleibt, dürften sich die wirtschaftlichen Zusatzkosten in Grenzen halten", sagte Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), gegenüber Welt. Touristik, Gastronomie, Shoppingausflüge seien ohnehin nicht möglich. Auch aus Sicht von Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), ist entscheidend, dass "die Fahrt zum Produktionsort weiterhin möglich bleibt".

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte zuvor bestätigt, dass es wegen den andauernden Pandemie künftig eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf einen Radius von 15 Kilometern in jenen Gegenden geben wird, in denen die Corona-Inzidenz bei über 200 auf 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen liegt.

Auch die Auswirkungen des verlängerten Lockdowns bis Ende Januar auf die heimische Volkswirtschaft werden von Ökonomen als eher gering eingeschätzt. Die Verlängerung sei für die betroffenen Branchen, vor allem Einzelhandel und Gastronomie, schmerzlich, sagte Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, der Welt. Aber man dürfe nicht übersehen, dass große Teile der Wirtschaft, vor allem die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, geöffnet blieben. "Solange dies aufrechterhalten wird, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen nicht so gravierend, dass man einen starken Einbruch der Wirtschaftstätigkeit befürchten muss", sagte Fuest. Ähnlich sieht dies IW-Direktor Hüther. Entscheidend sei, dass die Industrie nicht in Mitleidenschaft gezogen werde. Darin sieht er den großen Unterschied zum Frühjahr, als Grenzen geschlossen und Lieferketten unterbrochen waren. Eine weitere Verlängerung des Lockdowns über den Januar hinaus müsse aber unbedingt vermieden werden, sagte Hüther.

Beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht man davon aus, dass die Verlängerung des harten Lockdowns nur kurzfristig auf der wirtschaftlichen Erholung lastet. "Werden die Infektionszahlen damit effektiv gedrückt, ist eine kräftige Erholung im Frühjahr möglich", sagte Claus Michelsen, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), der Welt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder beraten aktuell über die Corona-Lage und die Verlängerung des bis Sonntag geltenden Lockdowns. Aktuell sind die meisten Geschäfte, Restaurants, Freizeiteinrichtungen und weitgehend Schulen und Kindergärten geschlossen, um die Infektionszahlen zu reduzieren und die angespannte Lage auf den Intensivstationen zu verbessern.

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January 05, 2021 11:59 ET (16:59 GMT)