Peking/Shanghai (Reuters) - China steckt in einer für die Konjunktur schädlichen Deflation fest, die schon bald die Zentralbank auf den Plan rufen dürfte.

Die Verbraucherpreise fielen vor der Jahreswende den dritten Monat in Folge - und zwar um 0,3 Prozent, wie das Statistikamt am Freitag mitteilte. Im November war der Rückgang gegenüber dem Vorjahresmonat mit 0,5 Prozent noch stärker ausgefallen. Auch wenn sich die Exporteure nach einem rabenschwarzen Jahr im Dezember mit einem Plus von 2,3 Prozent zurückmeldeten, ist das Konjunkturbild eingetrübt. Experten erwarten, dass der Export die Inlandsnachfrage kaum befeuern kann.

Doch wenn sich Verbraucher in Erwartung weiter sinkender Preise dauerhaft beim Konsum zurückhalten, wird die gesamte Wirtschaft in einem Strudel aus sinkenden Preisen, fallenden Löhnen und Investitionszurückhaltung nach unten gezogen.

2023 stiegen die Preise um durchschnittlich 0,2 Prozent und damit so langsam wie seit 2009 nicht mehr. Damit wurde zugleich das offizielle Ziel von rund drei Prozent deutlich verfehlt. Der nunmehr drei Monate in Folge anhaltende Preisverfall dürfte die Alarmsirenen bei den staatlichen Wirtschaftslenkern in Peking schrillen lassen. "Der Deflationsdruck in Chinas Wirtschaft bleibt bestehen, da die Inlandsnachfrage immer noch schwach ist. "Der Immobiliensektor belastet weiterhin die Wirtschaft", sagte Zhiwei Zhang, Chefökonom bei Pinpoint Asset Management. Viele Beobachter gehen davon aus, dass Regierung und Notenbank kurzfristig mit Stützungsmaßnahmen aktiv werden, um die Nachfrage anzukurbeln.

In einer Reuters-Umfrage unter Marktteilnehmern rechnen die Experten mehrheitlich damit, dass die Notenbank PBOC die Kreditkosten für mittelfristige Kreditspritzen (MLF) am Montag senken wird. Die Zentralbank hatte den entsprechenden Zinssatz zuletzt im August 2023 um 0,15 Prozentpunkte auf 2,50 Prozent gekappt, um den Kreditfluss anzukurbeln. Zugleich könnte sie das heimische Bankensystem mit frischem Geld fluten.

Der MLF-Schlüsselsatz gilt als Richtschnur für die eigentlichen Leitzinsen LPR (Loan Prime Rate), die am 22. Januar festgelegt werden. Über diese steuert die Notenbank die Kosten für Verbraucherkredite und auch für Hypotheken. Die Zentralbank hat zudem signalisiert, dass sie den Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) für mögliche Lockerungsmaßnahmen im Auge hat. Je geringer der RRR ist, desto mehr Spielraum haben die Banken zur Vergaben von Darlehen.

All diese Lockerungsmaßnahmen könnten das Ziel haben, das Deflationsgespenst zu vertreiben: "Die Preisentwicklung könnte für die PBOC eine höhere Priorität haben, um eine negative Rückkopplungsschleife zwischen Deflation und Wirtschafsaktivität zu verhindern", so die Analysten der Großbank Citi.

2023 SINKEN EXPORTE ERSTMALS SEIT 2016

Die 2023 in eine Schwächephase abgetauchten chinesischen Exporteure überraschten zum Jahresende hingegen positiv. Wie aus den Daten der Zollbehörde hervorging, gingen die Ausfuhren im Dezember im Vergleich zum Vorjahr um 2,3 Prozent nach oben und damit weit stärker als von Experten erwartet. Diese hatten nur ein Plus von 1,7 Prozent auf dem Radar, nach einem Zuwachs von 0,5 Prozent im November. Die Exportdaten lassen vermuten, dass sich der Welthandel langsam erholt, nachdem Zinserhöhungen in den USA und Europa die Nachfrage im Jahr 2023 gedämpft hatten.

Im Gesamtjahr gingen die chinesischen Ausfuhren jedoch erstmals seit 2016 zurück - und zwar gemessen in Dollar um 4,6 Prozent. Die Importe sanken im Jahr 2023 um 5,5 Prozent. Im Dezember stiegen die Einfuhren im Jahresvergleich zwar um 0,2 Prozent. Sie verfehlten damit aber den von Volkswirten prognostizierten Anstieg von 0,3 Prozent.

(Bericht von Joe Cash, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)