PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die beschleunigte Talfahrt der Ölpreise hat dem Erholungsversuch der europäischen Börsen am Mittwoch ein jähes Ende gesetzt. Nach den Vortagesgewinnen ging es nun wieder steil abwärts, zumal auch die asiatischen Aktienmärkte und schließlich auch die US-Börsen kräftig absackten. Der Eurostoxx 50 ging mit einem Verlust von 3,28 Prozent auf 2882,59 Punkte aus dem Handel und stürzte damit auf den tiefsten Schlussstand seit September 2013. Sein Minus seit Jahresbeginn summiert sich inzwischen auf knapp 12 Prozent.

Laut Marktanalyst Andreas Paciorek von CMC Markets hat die Unsicherheit ein neues Hoch erreicht und so zu einem regelrechten "Ausverkauf an den Börsen" geführt. Zunehmend mehr Anleger fragen sich inzwischen, ob dies der Beginn eines Bärenmarkt sei. Dazu meint Paciorek: "Aktuell unterziehen sich mehrere Märkte gleichzeitig dem Test der vermutlich letzten Bastionen."

In Frankreich büßte der CAC-40-Index zur Wochenmitte 3,45 Prozent auf 4124,95 Punkte ein. Der britische FTSE-100 rutschte um 3,46 Prozent auf 5673,58 Punkte ab und damit das Niveau von November 2012. Dass die Arbeitslosigkeit in Großbritannien auf ein Zehnjahrestief fiel, konnte da auch nicht stützen. Der Ölpreis für die US-Sorte WTI fiel am Abend unter 27 US-Dollar pro Barrel.

Das Kurstableau für sämtliche Branchen in Europa war tiefrot. Die größten Abschläge verbuchten Rohstoffwerte sowie der Öl- und Gassektor mit Verlusten von jeweils etwas mehr als 5 Prozent. Ein enttäuschender Produktionsausblick kostete die Papiere von BHP Billiton in London 7,37 Prozent. Der Rohstoffkonzern senkte nach einer Umweltkatastrophe in Brasilien sein Produktionsziel für die Eisenerzförderung.

Unter den Ölwerten rückten zudem der Energieriese Shell und der vor seiner Übernahme durch Shell stehende Gasförderer BG Group in den Blick. Weil der Ölpreisverfall dem britisch-niederländischen Konzern Shell zusetzte, sackte der Gewinn im Schlussquartal 2015 ab. Die Shell-A-Aktien gaben in London um 7,25 Prozent nach. Die BG-Papiere verloren 4,50 Prozent. Wegen eines höheren Ausstoßes an Gas konnte BG die Auswirkungen der niedrigen Energiepreise im vergangenen Jahr etwas abfedern.

Im Eurostoxx gab es unter den 50 Unternehmen nur eines, das mit Kursgewinnen aus dem Tag ging: Die Papiere von ASML gewannen 4,65 Prozent. Es waren vor allem die optimistischen Aussagen zum zweiten Quartal, die die Anleger des Chipzulieferers begeisterten. Zudem gaben die Niederländer ein neues Aktienrückkaufprogramm bekannt und wollen die Dividende steigern.

Wie schon mehrfach in den vergangenen Tagen stand auch der Bankensektor wieder im Fokus. Diesmal belastete eine Studie der US-Investmentbank Goldman Sachs. Am Ende des Eurozonen-Leitindex fanden sich die Papiere der Unicredit mit minus 7,77 Prozent und die der Deutschen Bank mit minus 6,04 Prozent. Die Goldman-Experten hatten auf die sich verdüsternde Entwicklung bei den Erträgen der Institute sowie die schlechtere Dynamik im Anleihegeschäft verwiesen und ihre Gewinnprognosen gesenkt.

Einen kräftigen Kurseinbruch von fast 11 Prozent verbuchten zudem die Papiere des Schweizer Versicherers Zurich im Swiss-Market-Index (SMI) . Stürme und Hochwasser sowie eine Abschreibung auf die deutsche Lebensversicherung hatten den Konzern im Schlussquartal in die roten Zahlen gedrückt./ck/stb