HUELVA (dpa-AFX) - Im Kampf um den boomenden Milliarden-Markt für Weltraumdienste hat Europa einen wichtigen Schritt gemacht: Eine spanische, potenziell wiederverwendbare Rakete eines privaten Unternehmens absolvierte am Wochenende erfolgreich ihren Jungfernflug. "Miura 1" habe "präzise wie ein Schweizer Uhrwerk funktioniert", sagte der Projektleiter bei PLD Space, Raúl Torres, im Interview der Zeitung "El Mundo" (Sonntag). Es sei ein "historischer" Erfolg. Die Euphorie erfasste auch den Regierungspalast. Ministerpräsident Pedro Sánchez sprach von einem "Meilenstein", der "die spanische Forschung, Entwicklung und Innovation an die Spitze der Raumfahrt setzt".

Weniger enthusiastisch klingt die Einschätzung des in Deutschland forschenden Experten Martin Tajmar. Es sei "ein erster Schritt", der "die europäische Souveränität stärken und Abhängigkeiten reduzieren" werde, sagte der Direktor des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität Dresden der Deutschen Presse-Agentur. Die außereuropäische Konkurrenz werde das jedoch "nicht wirklich beeinflussen". Noch hinke Europa hinter den USA und China her. Europa liege "wirklich meilenweit hinter SpaceX & Co.", meint Tajmar mit Bezug auf das Unternehmen von Elon Musk und andere wie RocketLab.

Der Freude des Spaniers Torres tut das keinen Abbruch. Man habe nach dem Start bis zum frühen Morgen mit einer Pizza-Party gefeiert, verriet er "El Mundo". "Miura 1" war am Samstagmorgen um 2.19 Uhr MESZ von der Raumfahrtstation El Arenosillo nahe Huelva im Süden Spaniens gestartet.

Nach einem Flug, der gut fünf Minuten gedauert habe (306 Sekunden), sei die kleine, nur gut zwölf Meter lange Rakete planmäßig im Atlantik vor der Küste der andalusischen Stadt aufgekommen, teilte PLD Space mit. Es handelt sich nach Angaben des Unternehmens mit Sitz in Elche im Osten Spaniens um das erste private europäische Projekt, um wiederverwendbare Raketen in den Orbit zu schicken.

Alle Ziele seien beim Jungfernflug erreicht worden, hieß es. "Miura 1" sei auf 46 Kilometer über dem Golf von Cádiz aufgestiegen. Damit hat die Rakete nicht den Weltraum erreicht, der je nach Definition bei 80 oder 100 Kilometern Höhe beginnt.

Der Start war zuvor zweimal wetterbedingt verschoben worden. Die Rakete sollte von einem Team von PLD Space im Atlantik noch am Wochenende geborgen werden. Das gelang zunächst aber nicht. Die Bergung sei aber "nur ein zweitrangiges Ziel". Andere Unternehmen, die diese Technologie entwickelt hätten, hätten die Bergung "erst beim elften oder zwölften Versuch" geschafft, sagt Torres. "Unser primäres Ziel war es, nach oben zu kommen, und das haben wir mit der erwarteten Präzision geschafft."

Das sei "aber auch nur der Anfang", betonte Torres mit Blick auf "Miura 5". Die geplante 36 Meter lange, zweistufige Trägerrakete soll ab 2025 Satelliten mit einem Gewicht von bis zu 500 Kilogramm in die Erdumlaufbahn bringen. Rund 70 Prozent der für "Miura 1" entwickelten Technologie soll für "Miura 5" genutzt werden.

Zu "Miura 5" erklärte Tajmar, dieses Projekt habe "Leistungsdaten, die SpaceX circa 20 Jahre vorher schon demonstriert hat mit Falcon 1". "Auch die Electron Rakete von RocketLab fliegt eine ähnliche Rakete seit 2017, chinesische Startups sind hier auch schon erfolgreich", betont der Physikingenieur.

Ulrich Walter, Ex-Astronaut und Professor für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München sieht in dem Miura-Start "den Aufbruch von einem Dutzend junger Startup-Firmen in Europa, die mit neuen kleineren Raketen den großen Raumfahrtfirmen weltweit - wie SpaceX oder ArianeGroup - die Stirn bieten wollen".

Das Startup PLD Space wurde 2011 von Torres und seinem Studienfreund Raúl Verdú gegründet - als die beiden jungen Akademiker, die schon als Kinder gemeinsam Raketen bauten, nur wenig älter als 20 waren. Inzwischen hat PLD Space 150 Mitarbeiter und verfügt nach eigenen Angaben über Investitionen in Höhe von 65 Millionen Euro.

Es ist eines von mehreren europäischen Start-ups, die dabei sind, Mini-Trägerraketen zu entwickeln. Sie wollen den boomenden Markt für Kleinsatelliten mit einem Gewicht von bis zu 500 Kilogramm bedienen, die deutlich billiger als größere Satelliten sind und zunehmend im Militär, in der Landwirtschaft, bei der Wettervorhersage sowie der Klimabeobachtung und vielen anderen Branchen eingesetzt werden./er/DP/he