--Produktion sinkt im August um 4,0 (Prognose: 0,2) Prozent

--Autoproduktion geht um 17,5 Prozent zurück

--Volkswirte rechnen zunächst nicht mit einer deutlichen Besserung

(NEU: Kommentare von Bankvolkswirten)

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Produktion im produzierenden Sektor Deutschlands hat sich im August schwächer als erwartet entwickelt, was vor allem an dem durch Materialmangel bedingten Einbruch der Autoproduktion lag. Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) fiel die gesamte Produktion gegenüber dem Vormonat um 4,0 Prozent und lag arbeitstäglich bereinigt nur noch um 1,7 (Juli: 6,0) Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten Ende vergangener Woche einen monatlichen Rückgang von nur 0,2 Prozent prognostiziert.

Allerdings hatten am Mittwoch sehr schwache Daten zum Industrieumsatz bereits darauf hingedeutet, dass auch das Minus bei der Produktion deutlicher ausfallen dürfte. Das ursprünglich für Juni gemeldete Produktionsplus von 1,0 Prozent revidierten die Statistiker auf 1,3 Prozent.

Der Chefvolkswirt der liechtensteinischen VP Bank, Thomas Gitzel, äußerte sich "entsetzt" über den starken Produktionsrückgang. "Das ist das deutlichste Minus seit der Hochphase der Corona-Pandemie im März und April des Vorjahres - die Industrie will einfach nicht auf die Beine kommen", schrieb er.


   LBBW: Aufholprozess gerät ins Stocken 

LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch schrieb: "Während man den gestrigen Auftragseingang angesichts des hohen Auftragsbestands noch mit einem Achselzucken quittieren konnte, ist mit den heutigen Produktionszahlen amtlich, dass der Aufholprozess ins Stocken geraten ist", schrieb er in einem Kommentar. Lieferengpässe, hohe Energiepreise und Produktionsausfälle bildeten ein toxisches Gebräu, das schon leicht nach Stagflation rieche.

Die Industrieproduktion im engeren Sinne verringerte sich im August auf Monatssicht um 4,7 (plus 1,4) Prozent. Die Erzeugung von Vorleistungsgütern nahm um 2,4 (minus 0,8) Prozent ab, die Produktion von Investitionsgütern um 7,8 (plus 3,8) Prozent und die von Konsumgütern um 2,6 (plus 0,8) Prozent. Die Bauproduktion sank um 3,1 (plus 2,5) Prozent, die Energieproduktion nahm um 4,1 (minus 2,9) Prozent ab. Die Autoproduktion ging um satte 17,5 Prozent zurück.


   BMWi: Lieferengpässe gravierender als bisher angenommen 

Nach Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) sind die Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten gravierender als bislang angenommen. "Bei der Automobilindustrie dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass bei einigen Herstellern die Betriebsferien dieses Jahr in den August gefallen sind", merkte das BMWi an. Der Ausblick für die Industriekonjunktur insgesamt habe sich zuletzt zwar etwas eingetrübt, bleibe aber für die kommenden Monate angesichts einer nach wie vor hohen Nachfrage verhalten optimistisch.

Nach Meinung von Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen beschränken sich die Lieferschwierigkeiten aber nicht auf diesen Sektor. "Auch in den anderen Bereichen der Industrie scheinen diese Probleme die Produktion zunehmend zu belasten", schrieb Solveen in einem Kommentar. Der starke Produktionsrückgang ist seiner Meinung zumindest teilweise von Werksferien in der Autoindustrie ausgelöst worden, die nicht von der Saisonbereinigung erfasst werden. Deshalb rechnet er für September mit einer Gegenbewegung. "Die bereits veröffentlichten Produktionszahlen des Automobilverbandes VDA sprechen aber dafür, dass sich diese in Grenzen halten wird", merkte Solveen an.

Laut einer Umfrage des Ifo-Instituts stiegen die Produktionserwartungen der Industrieunternehmen im September erneut. Die Produktionsaussichten in den zentralen Branchen, wie der Elektroindustrie, dem Maschinenbau, der Automobilbranche und in der Chemischen Industrie, wurden weiter als hervorragend beurteilt.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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October 07, 2021 05:24 ET (09:24 GMT)