Sitten (awp/sda) - Das Wallis ist von den Unwettern am Freitag besonders betroffen gewesen. Menschen mussten evakuiert und der Bahnverkehr teils eingestellt werden. Erdrutsche richteten auch in anderen Teilen der Schweiz Schäden an.

Weil der Pegelstand der Rhone unterhalb der Bahnbrücke bei Riddes VS eine kritische Höhe erreichte, stellten die SBB die Bahnstrecke zwischen Riddes und Ardon im Unterwallis vorsorglich ein. Auch die Interregio-Züge zwischen Martigny und Sitten waren vom Unterbruch betroffen, wie die SBB am Freitag kurz vor Mitternacht mitteilten. Es verkehrten Ersatzbusse. Die SBB rechneten damit, dass die Strecke nicht vor dem Samstagmorgen wieder öffnet - abhängig von der Hochwassergefahr.

Auch nach Zermatt bestand am Freitag keine Reisemöglichkeit mehr. Sowohl die Strasse als auch die Bahnlinie nach Zermatt waren wegen Überschwemmungsgefahr gesperrt. Die Matterhorn-Gotthard-Bahn stellte den Bahnbetrieb zwischen Visp und Zermatt am Freitagmittag ein. Zwischen Visp und Täsch verkehrten Ersatzbusse.

Die Gemeinde Zermatt rief die Bevölkerung am früheren Abend dazu auf, sich in geschlossene Räume zu begeben. Wer an Bächen wohne, solle höher gelegene Geschosse aufsuchen. Die Schulen im Touristendorf wurden geschlossen, wie ein Gemeindemitarbeiter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Am Abend drohten im Touristendorf weitere Überschwemmungen.

Zermatts Gemeindepräsidentin Romy Biner-Hauser sagte in der Tagesschau des Schweizer Radios und Fernsehens SRF, die Feriengäste seien in Sicherheit. Wer nicht an- oder abreisen könne, erhalte eine Unterkunft.

Laut lokalen Medienberichten waren zahlreiche Verkehrsverbindungen im Kanton Wallis behindert oder gesperrt. Grund für die angespannte Hochwasserlage war eine Regen- und Gewitterfront, die seit Donnerstag über die Schweiz zog. Hinzu kamen die Schneeschmelze und wassergesättigte Böden.

"Besondere Lage im Wallis"

Im Wallis erhöhten angesichts der angespannten Lage die kantonalen Behörden die Warnstufe für die Rhone und die Seitengewässer des Kantons auf die Alarmstufe. Dies bedeutet insbesondere, dass das Überwachungsdispositiv verstärkt werden muss. Zudem beschloss der Staatsrat, für den Kanton Wallis die besondere Lage zu erklären.

Diese ermöglicht den Einsatz zusätzlicher Mittel. Wegen der Gefahr von Überschwemmungen nahmen die Behörden punktuelle Evakuierungen vor. Besonders betroffen war das Dorf Chippis bei Siders, wie die Chefin des kantonalen Führungsstabs, Marie-Claude Noth-Ecoeur, auf Anfrage bekanntgab. Dort wohnt ein guter Teil der 230 Evakuierten.

Der Kanton Wallis teilte mit, mehr als 200 Feuerwehrleute aus 25 verschiedenen Korps, 19 Führungsstäbe, rund 50 Zivilschutzpflichtige und mehr als 100 Personen aus den für die Verkehrsinfrastruktur zuständigen Diensten stünden im Einsatz. Auch der Kanton Waadt warnte am Freitag vor Hochwassergefahr im Gebiet Chablais.

Schäden an Infrastruktur

Die Überschwemmungen und Erdrutsche verursachten insbesondere in den Walliser Seitentälern grosse Sachschäden an der Infrastruktur, wie Raphaël Mayoraz, Chef der Walliser Dienststelle für Naturgefahren, zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Beziffern liessen sich diese zunächst noch nicht. Menschen kamen durch die Unwetter laut den Behörden nicht zu Schaden.

In den Seitenarmen der Rhone seien die Höchststände des Hochwassers im Verlauf des Freitagvormittags gemessen worden. "Dass fast alle Seitenflüsse der Rhone gleichzeitig soviel Wasser führen, ist ziemlich aussergewöhnlich", sagte Mayoraz.

Entlang der Rhone wurde der höchste Pegelstand im Verlauf des Freitagabends erwartet, Die Hochwassergefahr sei zurzeit stark erhöht, aber nicht so kritisch wie etwa bei den letzten grossen Überschwemmungen vom Oktober 2000, erklärte Mayoraz.

Die Behörden empfahlen, sich den Wasserläufen nicht zu nähern, nicht auf Brücken zu parkieren, Fahrten mit Fahrzeugen einzuschränken und auf das Filmen oder Fotografieren der Unwetterereignisse zu verzichten.

Graubünden ebenfalls betroffen

Auch weitere Teile der Schweiz wurden von schweren Unwettern heimgesucht. Am Freitagabend kam es zu Schäden im Bündner Südtal Misox. Dort ereignete sich ein Erdrutsch, der zwischen Roveredo GR und Lumino TI im untersten Teil Tals die Autobahn A13 in beide Richtungen unterbrach. Im Dorf Lostallo GR kam es zu einem Rüfenniedergang, der laut einem Leserreporter auf "blick.ch" Häuser und Strassen erfasst hat.

Beat Marugg von der Bündner Kantonspolizei sagte dazu am Freitagabend der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage, sicher sei, dass Strassen überflutet worden seien und Bäche über die Ufer traten. Mehr könne er noch nicht sagen. Einsatzkräfte seien vor Ort. Die Strassen in Richtung Tessin seien ab Splügen GR gesperrt.

Der Kanton Graubünden warnte auf dem Warndienst Alertswiss vor Überschwemmungen im Misox. Der Wetterdienst Meteonews berichtete, in den letzten 24 Stunden seien in Grono GR neben Roveredo über 120 Liter Regen pro Quadratmeter niedergegangen. Im Bündnerland seien gegen 7000 Blitze registriert worden.

Randvoller Bodensee

Auch in den anderen Landesteilen waren die Pegelstände der Gewässer wieder am Steigen. Mit einem Wasserstand von 397,08 Metern über Meer befand sich der Pegel des Bodensees in Romanshorn TG am Freitagmittag rund sieben Zentimeter unter der zweithöchsten Gefahrenstufe.

Am Bodensee-Obersee werde in den nächsten Tagen wahrscheinlich wieder die Gefahrenstufe vier erreicht, schrieb das Bundesamt für Umwelt (Bafu) am Freitag im Naturgefahrenbulletin. Die Stufe vier bedeutet "grosse Gefahr" hinsichtlich Hochwasser.

Auf beiden Landesseiten mussten zudem die Rheinvorländer ab Lustenau (A) bis zum Bodensee, respektive ab 20.00 Uhr von Widnau bis zur Grenze St. Margrethenberg Bruggerhorn, gesperrt werden. Die Verantwortlichen der Internationalen Wasserwehr am Alpenrhein (IWWA) erwarten gegen Samstagmorgen 06.00 Uhr eine Flutwelle, wie eine Sprecherin aus Anfrage von Keystone-SDA sagte.

Am Samstagvormittag werde die Situation neu beurteilt. Die prognostizierten Pegelstände seien jedoch zuletzt etwas zurückgegangen.