Berlin (Reuters) - Offenbar als Reaktion auf Warnungen des Corona-Expertenrates haben Bund und Länder ihren Entwurf für die Ministerpräsidentenkonferenz nachgeschärft.

"Wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems droht, werden sie weitergehende Maßnahmen zur Infektionskontrolle vereinbaren", heißt es in einem neuen Entwurf von Montagnachmittag, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Als Antwort auf die explodierenden Corona-Infektionszahlen durch Omikron setzen Bund und Länder ansonsten auf eine Fortführung der bisherigen Corona-Maßnahmen. Allerdings wird auch die Option von Lockerungen zu einem späteren Zeitpunkt erwähnt.

Kanzler Olaf Scholz und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten wollen noch am Montag beschließen, wie Deutschland mit der Omikron-Virus-Variante umgehen soll. Das Robert-Koch-Institut meldete 63.393 neue Fälle - nach 34.145 am Montag vor einer Woche. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte vergangene Woche gesagt, dass er den Höhepunkt der Omikron-Welle etwa Mitte Februar mit möglicherweise mehr als 600.000 Neuinfektionen pro Tag erwartet.

Der Expertenrat hatte die Politik am Wochenende aufgefordert, auch Vorbereitungen über möglicherweise nötige Verschärfungen zu treffen. Denn Omikron sei zwar weniger gefährlich in den meisten Krankheitsverläufen als frühere Corona-Virus-Varianten. Aber wenn die Inzidenzen weiter wie erwartet stiegen, sei dennoch mit "sehr vielen" Einweisungen in Kliniken zu rechnen. Diese Formulierung soll nun auch in den Bund-Länder-Beschluss einfließen. Gerade Infektionen ungeimpfter Älterer und infektionsbedingte Ausfälle im Gesundheitswesen gäben "weiterhin Anlass zur Sorge vor einer erheblichen Belastung des Gesundheitswesens", heißt es dort.

PCR-TESTS NUR NOCH BEGRENZT EINSETZEN

Mit Blick auf möglicherweise gravierende wirtschaftliche Folgen können sich Unternehmen nun auch über März hinaus auf Corona-Wirtschaftshilfen des Staats einstellen. Bisher war in Entwürfen nur von einer Prüfung die Rede.

Bund und Länder wollen zudem eine deutliche Abkehr von der bisherigen Teststrategie beschließen. So sollen die besonders verlässlichen PCR-Test zum Nachweis einer Corona-Infektion nur noch für besonders gefährdete Gruppen sowie das Personal in Kliniken und Pflegeheimen verwendet werden. Alle anderen Personen sollen künftig auch nach einem positiven Schnelltest nur mit einem zweiten Schnelltests überprüfen, ob sie infiziert sind und dann in Isolation gehen. Grund sind die Engpässe bei der PCR-Testkapazität von derzeit rund 300.000 am Tag, wenn die Infektionszahlen wie erwartet in die Höhe schießen. Die Länder fordern vom Bund in dem Papier nun aber auch, "die PCR-Testkapazitäten schnellstmöglich zu erhöhen".

Während Bund und Länder die Impfkampagne angesichts schlechter Zahlen forcieren wollen, deuten sie aber gleichzeitig ein späteres Abflachen der Pandemie an. "Bund und Länder werden Öffnungsperspektiven entwickeln für den Moment, zu dem eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann", heißt es in der Vorlage. Details werden nicht genannt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte etwa wieder mehr Zuschauer bei Fußballspielen genannt.

Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut RKI auf 840,3 nach 806,8 am Vortag. Das RKI meldete zudem 28 weitere Tote im Zusammenhang mit Corona. Am Wochenende erfassen und melden Gesundheitsämter aber in der Regel nicht alle Werte. Am Sonntag war die Zahl der Corona-Intensivpatienten in Krankenhäusern erstmals seit Wochen wieder leicht gestiegen - auf nun 2398. Unter den Bundesländern verzeichnet Hamburg den höchsten Wert mit 1535,9. Dann folgen Berlin mit 1464,5 und Bremen mit 1387,8. Am Sonntag hatten sich laut RKI nur 89.502 weitere Personen impfen lassen. Damit sind 73,3 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.

Durchschnittlich 89 Prozent der Klinik-Beschäftigten, die direkt mit Patientinnen und Patienten zu tun haben, sind mindestens zweimal gegen Corona geimpft. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), über die das RedaktionsNetzwerk Deutschland berichtete.