Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Vertreter großer deutscher Unternehmen begrüßen das zwischen der EU und China vereinbarte Investitionsschutzabkommen als Schritt in die richtige Richtung, sehen darin jedoch nicht den von Manchen erhofften großen Wurf. "Es ist wirklich ein Baby-Schritt, wir müssen unsere Erwartungen anpassen, aber es ist in vielen Bereichen viel besser als Phase 1", sagte Jörg Wuttke, Chefrepräsentant von BASF in China und Präsident der dortigen Europäischen Handelskammer, in einer von der Frankfurt School of Finance moderierten Diskussionsrunde.

Und Jens Hanefeld, Leiter "Internationale und Europäische Politik" bei Volkswagen, urteilte: "Ehrlich gesagt, begrüßen wir es derzeit, während wir zugleich den Text analysieren und uns die Probleme anschauen." Es sei ein wichtiges Symbol in Zeiten, in denen viele Leute über Entkopplung sprächen.


   Chinas Industriestrategie Stein des Anstoßes für Handelspartner 

China hat sich in seiner Strategie "China Manufacturing 2025" vorgenommen, zehn wichtige Industrien besonders zu fördern, was sie zu ernsthaften Konkurrenten auf dem Weltmarkt machen würde. Das sehen die etablierten Industriestaaten kritisch, sie wollen ihrerseits einen besseren Zugang zum chinesischen Markt.

Besonders die USA stellen sich den chinesischen Ambitionen entgegen. Sie haben sich unter der Regierung von Präsident Donald Trump mit den Chinesen auf das so genannte "Phase-1-Abkommen" geeinigt, in dessen Rahmen sie den Chinesen allerdings harte Vorgaben für den Import von Agrarerzeugnissen machen. Über die dabei erzielten Ergebnisse gibt es widersprüchliche Berichte.


   Vertragsabschluss mit Europäern alarmiert die Amerikaner 

Die Europäer verhandelten mit den Chinesen bereits seit sieben Jahren über ein vergleichbares Abkommen, als sie sich Ende 2020 überraschend auf das Investitionsschutzabkommen (Comprehensive Agreement on Investment - CAI) einigten. Die Amerikaner alarmierte das - nicht ohne Grund, wie BASF-Man Wuttke findet: "Wir schließen die Lücke gegenüber den Amerikanern bei Finanzen und beim inländischen Transport, wir haben mehr in der Gesundheitsindustrie und auf anderen Gebieten bekommen", sagte er. Und: "Der Schritt, den die Koreaner, Japaner Australier und die Amerikaner mit Phase 1 machen konnten, ist viel kleiner."

Allerdings haben die Europäer doch weniger bekommen, als sie ursprünglich angestrebt hatten. Alicia Garcia-Herrero, Chefvolkswirtin Asia Pacific bei Natixis, wies in der gleichen Veranstaltung darauf hin, dass weder gleiche Wettbewerbsbedingungen (Level Playing Field) erreicht wurden, noch das Prinzip der Gegenseitigkeit eingeführt, oder das Problem der Subventionierung chinesischer Staatsunternehmen (SOE) gelöst wurde. "Ich sage nicht, unterschreibt nicht, aber es schon schade, dass wir nicht mehr erreicht haben", sagte sie.


   Abkommen soll 2022 ratifiziert werden 

Das Investitionsschutzabkommen muss noch von der EU und von chinesischer Seite ratifiziert werden, was für 2022 geplant ist. Die Diskutanten wiesen darauf hin, dass die Vertragsunterlagen noch nicht vollständig seien, vor allem fehle der wichtige Annex.

VW-Lobbyist Hanefeld wies auf die politische Dimension des Abkommens hin: "Es ist ein wichtiges Anzeichen dafür, dass sich die EU stark mit einer eigenen Politik positioniert, die ihr Interesse daran unterstreicht, ein globaler Player zu sein, wenn es um Geschäfte und Wirtschaftsbeziehungen geht", sagte er.

Und BASF-Chefrepräsentant Wuttke sagte mit Blick auf den wohl auch unter Biden harten Kurs der Amerikaner gegenüber China: "Die USA haben eine von beiden Parteien getragene Mission, und die Europäer müssen ihren Platz finden." Hätten die Europäer dabei auf den von ihnen ersehnten neuen Präsidenten Joe Biden warten sollen? Wuttke findet das nicht. "Ich bin über Weihnachten in Telefonaten und Webinars von meinen Freunden in Amerika gefragt worden: 'Warum tut ihr uns das an?'. Und dazu kann ich nur sagen: Als es um Phase 1 ging, habt ihre unsere Telefonnummer auch nicht gefunden."

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January 26, 2021 08:30 ET (13:30 GMT)