Das deutsche Verfassungsgericht hat am Mittwoch entschieden, dass die Entscheidung der Regierungskoalition, 60 Milliarden Euro (65,21 Milliarden Dollar) ungenutzte Schulden aus der Pandemiezeit in den Klima- und Transformationsfonds umzuwidmen, verfassungswidrig war.

Hier sind einige der Auswirkungen auf den Haushalt, die deutsche Finanzpolitik und die Dreierkoalition von Bundeskanzler Olaf Scholz:

AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT 2024?

Der deutsche Haushalt 2024 und die Finanzpläne bis 2027 sollten am Freitag fertiggestellt werden, da die größte Wirtschaftsmacht Europas ihre Ausgaben nach einem Anstieg als Reaktion auf COVID-19 und den Ukraine-Krieg einschränkt.

Das Urteil vom Mittwoch dürfte die Koalition jedoch dazu zwingen, die 60 Milliarden Euro zusätzlich zu verbuchen und die Ausgaben an anderer Stelle zu kürzen, da die Junior-Koalition der Freien Demokraten (FDP) Steuererhöhungen in dieser Legislaturperiode ausgeschlossen hat.

Es ist unklar, wie viel davon sie im Haushalt 2024 berücksichtigen muss.

"Dies stellt die Regierung vor das größte wirtschaftspolitische Problem in dieser Legislaturperiode", sagte Jens Suedekum, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Düsseldorf. Er wies darauf hin, dass die 60 Milliarden Euro für die Finanzierung von Gebäudesanierungen, die Modernisierung von Heizungsanlagen und die Subventionierung der Strompreise eingeplant waren.

Finanzminister Christian Lindner sagte jedoch, die Regierung habe einen Notfallplan für eine negative Entscheidung, den er später am Mittwoch erläutern soll.

Um 1245 MEZ wird er eine Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck abhalten.

WIE WIRD ES DIE DEUTSCHE FINANZPOLITIK BEEINFLUSSEN?

Deutschland hat in den letzten Jahren das, was einige Analysten als buchhalterische Tricks bezeichnen, angewandt, um seine Schuldenbremse zu umgehen, die das deutsche Staatsdefizit auf 0,35% des BIP begrenzt. So wurden beispielsweise außerbudgetäre "Sonderfonds" eingerichtet.

Eine Methode war die Änderung des Buchhaltungsprinzips, nach dem die Kreditaufnahme in dem Jahr auf das Haushaltsdefizit angerechnet wird, in dem die Kreditaufnahme tatsächlich erfolgt ist. Daher wurde der 60-Milliarden-Euro-Transfer nur im Jahr 2021 als Defizit angerechnet, nicht aber in den Jahren 2023 und 2024, in denen die meisten Ausgaben getätigt werden sollten.

Das gegenteilige Urteil deutet jedoch darauf hin, dass Berlin sich entweder stärker an den Geist der Schuldenbremse halten, sie wieder aussetzen oder sie ganz reformieren muss.

Clemens Fuest vom Ifo-Wirtschaftsinstitut sagte, eine Möglichkeit wäre, die Bremse für 2023 und 2024 auszusetzen, da der Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft eine weitere Notsituation sei.

"Ob dies jedoch mit der Verfassung vereinbar wäre, ist nach diesem Urteil unklar", sagte Fuest.

Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sagte, die Versuche der Regierungen in den letzten 12 Jahren, die Schuldenbremse zu umgehen, "haben zu immer absurderen Manövern beigetragen".

"Die Schuldenbremse ist nicht mehr zeitgemäß, denn sie nimmt der Politik den nötigen Spielraum, um Krisen zu bekämpfen und in die Zukunft zu investieren."

WELCHE AUSWIRKUNGEN WIRD DAS AUF DIE REGIERUNGSKOALITION HABEN?

Es wird erwartet, dass das Urteil die Spannungen in der ohnehin schon zerrissenen Dreierkoalition von Scholz verschärfen wird. Seit seinem Amtsantritt vor fast zwei Jahren ist die Unterstützung für die Koalition gesunken, da sie eine Reihe von Krisen bewältigen muss, die zum Teil auf öffentliche Machtkämpfe zurückzuführen sind.

Laut der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa würde nur ein Drittel der Wähler für die Parteien der Koalition stimmen, wenn jetzt Wahlen stattfinden würden.

Mehrere FDP-Abgeordnete haben in den letzten Monaten gefordert, dass die Partei, die bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr aus mehreren Landesparlamenten herausgefallen ist, die Koalition verlassen sollte.

Unterdessen dürften die Forderungen der Grünen nach einer Reform der Schuldenbremse, um nach Jahren der Vernachlässigung mehr Investitionen zu ermöglichen, zunehmen und mit dem Beharren der FDP auf Einhaltung der Regeln und fiskalischer Zurückhaltung kollidieren. (Berichterstattung des Berliner Büros; Redaktion: Sarah Marsh; Bearbeitung: Alexander Smith)