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Strategien

AfrikA:

die dynAmik des BAnkensektors

Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten, denen sich die Finanzinstitute in den Vereinigten Staaten und in Europa seit einem Jahrzehnt gegenüber sehen, konnte sich der afrikanische Bankensektor weiterentwickeln und kann als Stütze für das Wirtschaftswachstum des Kontinents dienen.

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frika als Anlagethema spielt erst seit etwa zehn Jahren eine nennens- werte Rolle. Gleichzeitig markiert

dieser Zeitraum eine der aussergewöhn- lichsten Phasen in der Geschichte der Welt- wirtschaft und der Finanzmärkte. Zahlreiche Länder Afrikas litten innerhalb kürzester Zeit unter extrem volatilen äusseren Bedingun- gen. Die boomende und nach Rohstoffen hungernde Weltwirtschaft kurz nach der Jahrtausendwende wurde abgelöst durch die globale Finanzkrise 2008/2009, die das internationale Finanzsystem bis ins Mark erschütterte, und eine anhaltende Stimulie- rungsphase der Zentralbanken erforderte sowie wechselhafte globale Finanzströme verursachte. Dadurch wurde eine nachhal- tige wirtschaftliche Entwicklung auf dem Kontinent zweifellos behindert. Indes kristal- lisiert sich ein Konsens über den künftigen wirtschaftlichen Kurs heraus. Der Erfolg der vor zehn Jahren eingeführten makrowirt- schaftlichen Reformen ist klar ersichtlich. Afrika hat die Schwankungen, die durch die globalen Rahmenbedingungen ausgelöst wurden, besser verkraftet als in der Vergan- genheit. Die Volkswirtschaften Afrikas müssen aber diversifizierter, produktiver und selbständiger werden. Infrastrukturin- vestitionen sowie mikroökonomische Refor- men in sämtlichen Sektoren sind für die wei- tere wirtschaftliche Entwicklung zentral.

Der Bankensektor dürfte in dieser kommen- den Phase der Entwicklung weiterhin eine kritische Rolle spielen. Während Banken auf globaler Ebene seit der Krise von 2008 deut- lich an Bilanzstärke und Profitabilität einge- büsst haben, weisen Banken in Ländern wie

Ma l e k Bo u -Di a B

Lead PortfoLio Manager

BB african oPPortunities fonds BeLLevue asset ManageMent

Malek Bou-Diab stiess Mitte 2009 als Senior Portfolio Manager für den Bereich New Markets zu Bellevue Asset Management, wo er die Verantwortung für den BB African Opportunities Fonds inne hat. Davor managte Malek Bou-Diab bei Julius Bär einen Afrika-Fonds. Von 2003 bis 2007 arbeitete er als quantitativer Risiko-Analyst bei der Deutschen Bank in London. Zwischen 1999 und 2003 promovierte Malek Bou-Diab in theoretischer Physik an der ETH Zürich. Er verbrachte einen Grossteil seiner Jugend im Mittleren Osten, wo er eine international ausgerichtete Ausbildung genoss und Arabisch studierte.

Kenia, Marokko und Ägypten trotz der volati- len wirtschaftlichen und politischen Bedin- gungen eine erstaunliche Resilienz und grösstenteils Eigenkapitalrenditen um 25% auf. Der Sektor ist in diesen Ländern ideal positioniert, um von den durch Reformen ent- stehenden Wachstumsopportunitäten zu pro- fitieren. Die allgemeine negative Stimmung gegenüber Schwellenländern führt dazu, dass die Bewertungen derzeit attraktiv sind. Natürlich bleiben Risiken vorhanden, nicht zuletzt sind in den letzten Monaten drei klei- nere Banken in Kenia in die Pleite getrieben worden, nachdem die Zentralbank ihre Auf- sicht verstärkt hat. Die Bilanzlage vieler nige- rianischer Banken bleibt sehr undurchsichtig nach dem Öl- Preisschock. Eine differenzierte und selektive Risikoauswahl, basierend auf dem Vertrauen gegenüber dem Manage- ment der verschiedenen Institute, ist zentral, um von der potenziellen Finanzsektorrevolu- tion in Afrika zu profitieren.

Es gibt in Ägypten grosse Bestrebungen zur Entwicklung des Finanzsektors, zumal heute nur 8% der ägyptischen Privathaushalte Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. Und für KMUs, auf die 95% der Wirtschaftstä- tigkeit entfallen, sind Kredite kaum zugäng- lich. Die ägyptische Notenbank arbeitet mit der Finanzbranche an der Entwicklung viel- versprechender Pläne, um diese Missstände zu beseitigen. Börsennotierte Institute wie die Commercial International Bank und Credit Agricole Egypt, die auch in Krisenzeiten beneidenswerte Profitabilitäten (Eigenkapi- talrendite > 25%) aufrechterhalten konnten, bemühen sich aktiv, dieses Wachstumspoten- zial anzuzapfen. Die Housing and Develop-

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Geplanter Turmbau für die Casablanca Financial City durch das Büro Morphosis Architects. Die Durchführung wird für 2018 erwartet. Casablanca Financial City steht nun vor Johannesburg im Index der Wettbewerbsfähigkeit, der im April vom Global Financial Centers Index veröffentlicht wurde, an der Spitze der afrikanischen Finanzplätze.

ment Bank hat zudem mit der ägyptischen Zentralbank ein Pilotprogramm für Hypothe- kenkredite angestossen, das es bis dato im Finanzsektor des Landes nicht gab. Auch das Leasinggeschäft steckt noch in den Kinder- schuhen. Die vor Ort börsennotierte Invest- mentbank EFG Hermes investiert massiv in diesen Sektor und befindet sich nunmehr auf Wachstumskurs.

Mit Blick auf Ostafrika befindet sich die Finanzdienstleistungsbranche in Kenia ebenfalls im Umbruch. Banken wie die Equity Bank sind Vorreiter bei der beeindru- ckenden Ausbreitung von Finanzdienstleis- tungen im gesamten Land. Das Institut hat über USD 150 Mio. in seine IT-Infrastruktur investiert. Diese gestattet es den Kunden, eineVielzahl von Transaktionen mit einfachs-

ten Mobiltelefonen durchzuführen, was von Kunden begeistert angenommen wird. Die Kreditvergabe an KMU wirkt sich auf das Geldhaus und die breitere Wirtschaft glei- chermassen positiv aus. Denn zahlreiche kleine Unternehmen verzeichnen dank des Zugangs zu Krediten exponentielles Wachs- tum und nutzen zunehmend komplexere Produktangebote der Bank. Equity Bank investiert in die Zukunft und hält gleichzeitig Kosten und Risiken im Zaum. Zugleich bemüht sich das Institut, das erfolgreiche Kenia-Modell auf andere Länder in Ostafrika auszuweiten. Damit setzt es auf einen Trend, der eine erfolgreiche wirtschaftliche Integ- ration in dem Bereich verspricht.

Marokko verfügt über einen dynamischen Bankensektor, der in den letzten 15 Jahren

die ganze Palette an Finanzdienstleistungen mit sehr viel Innnovation verbreitet hat. Als einziges Land in Afrika hat es deshalb wäh- rend der letzten Jahre wesentliche Fort- schritte beim Problem des Wohnungsman- gels für die Mittelschicht erzielt hat. Nach beeindruckenden Wachstumsraten in den letzten zehn Jahren und einer anscheinend sanften Landung am Kreditmarkt, wenden sich marokkanische Banken wie Attijariwafa und BMCE Bank und die Immobiliengesell- schaft Addoha darüber hinaus verstärkt dem frankophonen Westafrika zu, um ihre erfolg- reichen Geschäftsmodelle zu verbreiten.

Die Entstehung eines effektiven Finanzsektors ist unverzichtbar für eine Weiterentwicklung der afrikanischen Wirtschaften. In dieser Hin- sicht muss Afrika noch einige Herausforde- rungen meistern, aber sowohl Unternehmer als auch ausgewählte Regierungen gehen diese aktiv an und setzen dabei auf innovative Ansätze. Visionäre wie James Mwangi, CEO der Equity Bank in Kenia, und Mohamed El- Kettani,CEO der Attijariwafa Bank in Marokko, sind die treibende Kraft. Im Gegensatz zu den von komplexen Derivatprodukten geprägten Bankenmodellen der entwickelten Länder bieten ausgewählte afrikanische Banken ein beliebteres, konservatives und klassisches Modell. Letztendlich könnte die Kombination des von Anlegern eher gemiedenen Sektors und der Region eine interessante Investitions- möglichkeiten bieten.

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Bellevue Group AG veröffentlichte diesen Inhalt am 22 June 2016 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 22 June 2016 09:28:04 UTC.

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