Hauptversammlung 2023 | Rede Andreas Schell

Es gilt das gesprochene Wort.

Verehrte Aktionärinnen und Aktionäre der EnBW,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie sehr herzlich zur diesjährigen Hauptversammlung der EnBW. Ich stehe hier ausdrücklich als Vertreter des gesamten Vorstandes - und spreche damit auch im Namen von Dirk Güsewell, Thomas Kusterer, Colette Rückert-Hennen und Georg Stamatelopoulos. Denn die Kollegin und Kollegen waren maßgeblich daran beteiligt, dass die EnBW so gut durch das vergangene Jahr gekommen ist.

Für mich ist es die erste Hauptversammlung seit meinem Start als Vorstandsvorsitzender im vergangenen November. Erlauben Sie mir daher ein paar persönliche Worte und Eindrücke.

Es braucht seine Zeit, bis man dieses breit aufgestellte Unternehmen in all seinen Facetten durchdringt. Ich habe die ersten Wochen und Monate genutzt, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Themen und Prozesse kennenzulernen und mir vieles im Detail anzuschauen. Dazu gehörte der Aufstieg auf ein Windrad ebenso wie Besuche bei der Wasserkraft, dem Offshoreteam, unseren konventionellen Kraftwerken und zahlreichen Teams aus allen Bereichen des Unternehmens. Es waren viele beeindruckende Momente. Sei es die Atmosphäre in unseren Ausbildungszentren zu erleben, vor den riesigen Bildschirmen in der Hauptschaltleitung der TransnetBW zu stehen, mit den Kolleginnen und Kollegen der Netze einen Tag zur Anlagenwartung rauszufahren, oder bei der SENEC zu sehen, wie mit den Speichern die Energiewende in immer mehr Häuser unserer Kundinnen und Kunden einzieht. Als mit der Abschaltung von Neckarwestheim 2 die Ära der Kernenergie in Deutschland zu Ende ging, war ich ebenfalls vor Ort. Das war ein

emotionaler Moment für mich und erst recht für viele Kolleginnen und Kollegen auf der Anlage.

Meine Damen und Herren, diese vielfältigen Eindrücke der vergangenen Woche möchte ich für den Moment mit zwei Erkenntnissen zusammenfassen: Die Vielfalt der Technologien und Kompetenzen über alle Energiequellen hinweg unter dem Dach der EnBW ist sehr beindruckend. Noch mehr haben mich jedoch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EnBW, ihr Einsatz und der Zusammenhalt beindruckt. Denn so vielfältig und unterschiedlich die Bereiche und Aufgaben bei uns als integriertem Energieunternehmen auch sein mögen, so gibt es doch etwas, was alle eint: die große Verbundenheit mit dem Unternehmen und die Wurzeln in Baden-Württemberg.

Die nachhaltige Versorgungssicherheit unserer Kundinnen und Kunden in Baden-Württemberg, die Zukunft der Energie in Deutschland liegt allen bei der EnBW am Herzen.

Ich bin überzeugt davon, dass diese Einstellung, ja diese Haltung auch einen wichtigen Anteil daran hatte, dass wir gut durch ein bewegtes, herausforderndes Jahr 2022 gekommen sind.

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Frühjahr 2022 hat viel Leid für die Menschen dort und ihre Angehörigen gebracht. Für uns als EnBW stand sofort fest: wir leisten umgehend finanzielle und humanitäre Hilfe. So haben wir neben Spenden auch Unterkünfte für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt und Ankommende am Berliner Hauptbahnhof mit kostenlosen Mahlzeiten unterstützt, um nur einige Beispiele zu nennen.

Im Rahmen der Initiative "EnBW hilft", die meine geschätzte Vorstandskollegin Colette Rückert-Hennen mit großem persönlichem Engagement unterstützt, haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zudem viele ehrenamtliche Aktionen auf die Beine gestellt - nicht nur für die Ukraine, sondern ganz aktuell auch für die Erdbebenopfer in der Türkei: von Spendenaktionen bis hin zu persönlichen Arbeitseinsätzen vor Ort.

Meine Damen und Herren, der Krieg in der Ukraine war eine Zäsur. Er veränderte auch die Energiewirtschaft fundamental und hat uns als Unternehmen im vergangenen Jahr vor große Herausforderungen gestellt.

Ausbleibende russische Gaslieferungen und explodierende Preise setzten uns - um es in aller Deutlichkeit zu sagen - massiv unter Druck. Rückblickend können wir sagen: Wir haben unseren Beitrag geleistet, unser Land und unsere 5,5 Millionen Kundinnen und Kunden auch in diesen schwierigen Zeiten sicher mit Energie zu versorgen.

Wir haben kurzfristig alle verfügbaren Produktionskapazitäten mit unseren Kohlekraftwerken einsatzbereit gehalten. Und wir haben unser Kernkraftwerk Neckarwestheim bis Mitte April 2023 weiter betrieben.

Wir haben unsere Bezugsquellen diversifiziert und den Anteil russischer Kohle damit auf null gebracht.

Wir haben unser Engagement im Bereich Flüssiggas, kurz LNG, intensiviert. Ein wichtiger Aspekt sind hier Kooperationen zum Aufbau neuer LNG-Terminals, um den langfristigen Bezug über die Terminals in Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel sicherzustellen. Bereits Anfang des Jahres wurde am Standort Wilhelmshafen die erste EnBW-Lieferung an ein schwimmendes LNG-Terminal durchgeführt.

Und auch wenn die angespannte Situation Tarifanpassungen für unsere Kundinnen und Kunden unausweichlich gemacht haben, konnten wir diese durch unsere vorausschauende Beschaffungsstrategie bestmöglich abfedern und sind bei Anpassungen immer unterhalb des Marktdurchschnitts geblieben.

Wir haben unser Unternehmen gut durch diese herausfordernde Zeit gesteuert und im Zusammenspiel mit der Politik eine echte Energiekrise verhindert.

Gleichzeitig haben wir die EnBW für die schon lange vor dem Krieg begonnene Transformation der Energiewirtschaft weiter fit gemacht. Wir haben an Innovationen in den Bereichen Vertrieb, Netze und Erzeugung gearbeitet. Wir haben bestehende Partnerschaften vertieft und neue Partner gewonnen.

Und hier werden wir auch weiter ansetzen. Für eine gelungene Energiewende müssen Kräfte und Kompetenzen gebündelt und Investitionen optimal eingesetzt werden. Langfristige Partnerschaften sind hier ein Schlüssel. Diese streben wir zum Beispiel auch mit dem geplanten Teilverkauf der TransnetBW an.

Nicht zuletzt haben wir wichtige Schritte unternommen und Meilensteine erreicht, um die Energiewende zu beschleunigen. Denn der Krieg hat uns allen eines deutlich vor Augen geführt: Um uns unabhängiger von Importen zu machen und unseren CO2

Ausstoß zu reduzieren, müssen wir in Deutschland schneller erneuerbare Energieerzeugungskapazitäten erhöhen. Hier verstehen wir uns als treibende Kraft.

Meine Damen und Herren, Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung sind nicht nur Ziele, die wir uns selbst gesetzt haben. Es sind Forderungen, die all unsere Stakeholder - Kundinnen und Kunden, Kapitalmarkt-Entscheider, aber auch die allgemeine Öffentlichkeit - an uns stellen. Und das zurecht. Denn so sichern wir langfristig das Geschäftsmodell der EnBW. Umso bedeutsamer ist es, dass wir hier im vergangenen Jahr wichtige Fortschritte gemacht haben.

Unsere Klimaschutzziele wurden von der unabhängigen Science Based Target Initiative geprüft und testiert. Damit ist sichergestellt, dass unser CO2 Einsparungspfad entsprechend des 1,5 Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens ausgelegt ist.

Wir haben einen klaren Plan, wie wir nach und nach unsere Emissionen in allen Emissionskategorien 1 bis 3 - den sogenannten Scopes - reduzieren wollen. Das Ziel: Bis zum Jahr 2035 wollen wir komplett klimaneutral sein.

Um dieses Ziel zu erreichen, planen wir, bereits ab 2028 keinen Strom und keine Wärme mehr mit Kohle zu erzeugen, wenn bis dahin die von der Politik vorgesehenen Rahmenbedingungen erreicht sind.

Natürlich stellt sich hier die Frage: Wie schaffen wir weiter Versorgungssicherheit? Wie ersetzen wir die Leistung, die vorher durch Kohle erzeugt wurde?

Dafür sind zwei Aspekte zentral:

Erstens: der schnelle Ausbau der Erneuerbaren Energien. Hier haben wir im vergangenen Jahr wichtige Investitionsentscheidungen

bei Großprojekten getroffen, vor allem im Bereich Offshore- Windenergie. Auf Details werde ich später noch näher eingehen.

Zweitens: Der Ausbau von flexibler Kraftwerksleistung. Diese schließt Bedarfslücken, wenn gerade nicht ausreichend Strom aus Erneuerbaren Quellen verfügbar ist.

Die EnBW setzt hier auf moderne Gaskraftwerke, die mittelfristig mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Auch hierzu haben wir im abgelaufenen Geschäftsjahr wichtige Entscheidungen auf den Weg gebracht.

An bislang drei Standorten rüsten wir im Rahmen sogenannter Fuel Switch-Projekte ehemalige Kohlekraftwerksstandorte für die Zukunft um. Damit stellen wir die Energieversorgung sicher und bieten gleichzeitig eine Perspektive für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten.

Diese Beschleunigung wird möglich durch gezielte Investitionen. Und dafür haben wir im vergangenen Geschäftsjahr eine gute finanzielle Basis geschaffen.

Schauen wir einmal auf die relevanten Kennziffern des vergangenen Geschäftsjahrs: Der Außenumsatz des Jahres 2022 lag mit rund 56 Milliarden Euro deutlich über dem Vorjahresniveau von 32,1 Milliarden Euro.

Das Adjusted EBITDA, also unser operatives Ergebnis, konnten wir um 11 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro steigern. Damit haben wir aufgrund der absoluten Ausnahmesituation 2022 bereits das für 2025 gesetzte Ergebnisziel erreicht. Das ist im Wesentlichen auf drei Faktoren zurückzuführen:

Erstens: Wir haben umsichtig geplant.

Zweitens: Einige der Risiken, die wir angesichts der marktlichen und politischen Unsicherheiten im vergangenen Jahr erwartet hatten, sind nicht eingetreten.

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EnBW - Energie Baden-Württemberg AG published this content on 30 April 2023 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 03 May 2023 07:30:01 UTC.