Halbjahresfinanzbericht 2023

der Fernheizwerk Neukölln Aktiengesellschaft

Zwischenlagebericht

vom 1. Januar bis 30. Juni 2023

Grundlagen des Unternehmens

Grundlagen des Unternehmens

Grundlagen des Unternehmens

Geschäftsmodell

Die Fernheizwerk Neukölln Aktiengesellschaft (FHW) ist der traditionelle Fernwärmeversorger im großstädtischen Kerngebiet des Berliner Bezirks Neukölln. Am Weigandufer 49 erzeugt das Unternehmen Fernwärme. Dafür sorgen derzeit sieben Großkessel unter Einsatz von Holzpellets, Erdgas und Heizöl. Zusätzlich produzieren fünf Blockheizkraftwerke (BHKW) effizient Wärme und Strom in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Dieser gekoppelte Erzeugungsprozess ermöglicht einen besonders hohen Ausnutzungsgrad der Brennstoffe.

Unsere Fernwärme für Heizung und Warmwasserbereitung erreicht ein Stadtgebiet mit ca. 200.000 Einwohnern, eine komplette öffentliche Infrastruktur, drei große Geschäftsstraßen und ein Industrie- und Gewerbegebiet mit einer Fläche von ca. 280 ha. Unser Wärmenetz wächst stetig und reicht mittlerweile vom Landwehrkanal in Kreuzberg über die Grenzallee in Neukölln, Reuterkiez und Körnerpark bis an das Tempelhofer Feld in der Oderstraße.

Unsere Fernwärmekunden gehören zur Wohnungswirtschaft (85 %), sind öffentliche Einrichtungen (9 %) und Gewerbeobjekte (6 %). FHW verfügt nach eigenen Erhebungen über einen Anteil von annähernd einem Drittel am lokalen Wärmemarkt, während auf die Hauptwettbewerbsenergie Erdgas rund die Hälfte entfällt und sich Heizöl rückläufig entwickelt. Der hohe Marktanteil und unser stetig wachsendes Fernwärmenetz bilden die Grundlage unserer Geschäftstätigkeit.

In den nächsten Jahren steht Neuköllns ökologisch-soziale Wärmewende im Fokus. Infolgedessen werden aktuelle bedeutende Investitionen in die Erzeugeranlagen getätigt, um bis spätestens 2025 vollständig aus der Steinkohleverbrennung auszusteigen. Dafür ersetzen wir im laufenden Betrieb unsere Wärmeerzeugungsanlagen am Standort durch neue, umweltfreundlichere Anlagen und integrieren verstärkt regenerative Energiequellen. Zudem ermutigen wir lokale Unternehmen, bei denen Verbrennungs- und Erhitzungsprozesse stattfinden, industrielle Abwärme in unser Fernwärmesystem einzuspeisen, um so die CO-Emissionen des FHW stetig zu senken.

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Wirtschaftsbericht

Rahmenbedingungen

Im Energie- und speziell im Brennstoffmarkt kehrte nach den starken Bewegungen des letzten Jahres eine Beruhigung ein. Die Brennstoffpreise für Erdgas, Heizöl und Holzpellets haben im ersten Halbjahr 2023 deutlich nachgelassen. Des Weiteren wird der Geschäftsverlauf von FHW als Wärmeversorger maßgeblich vom Wetter beeinflusst. Die Heizgradwerte, als branchenübliches Maß für die Witterungsverhältnisse, lagen im ersten Halbjahr ca. 3 % über dem Vorjahreswert. Es war somit leicht kühler als im ersten Halbjahr 2022.

Für FHW hat neben der Versorgungssicherheit eine energieeffiziente und ressourcenschonende Fernwärmeerzeugung oberste Priorität. Gleichzeitig wird im Zuge der energiepolitischen Entwicklungen ein zunehmender Einsatz regenerativer Energien erforderlich, um die Umweltauswirkung bei der Wärmeproduktion kontinuierlich zu reduzieren. Fernwärmeversorgungsunternehmen werden durch das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) gesetzlich dazu verpflichtet, bis 2030 40 % des Fernwärmebedarfs aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Zwischen den Jahren 2024 bis 2045 soll zudem die komplette Erzeugung CO2-neutral sein. Die Beendigung der Energieerzeugung auf Basis von Steinkohle ist für Berlin bis zum Jahr 2030 gesetzlich festgeschrieben. Ziel dieser Maßnahmen ist die Reduzierung der CO2-Emissionen in Berlin um mindestens 70 % bis 2030, um mindestens 90 % bis 2040 sowie um mindestens 95 % bis 2045 im Vergleich zu 1990. Um diese Ziele zu erreichen, hat das Land Berlin Betreiber allgemeiner Wärmeversorgungsnetze dazu verpflichtet, einen Dekarbonisierungsfahrplan zu entwickeln und diesen bei der Regulierungsbehörde für Fernwärme vorzulegen. FHW ist dieser Pflicht fristgerecht zum 30. Juni 2023 nachgekommen.

FHW stellt sich diesen Herausforderungen, indem bei der Eigenerzeugung zunehmend auf umweltfreundlichere Brennstoffe gesetzt wird und auch in der ersten Jahreshälfte 2023 weitere Maßnahmen für die Modernisierung von bestehenden Erzeugungsanlagen initiiert und fortlaufend umgesetzt wurden. Es ist das erklärte Ziel von FHW, den Erzeugerpark bis 2025 auf eine emissionsarme, insbesondere kohlefreie und auf erneuerbaren Energien basierende Erzeugung umzustellen. Weiterhin gilt es u. a. die KWK-Ausschreibungsverordnung (KWKAusV), das Erneuerbare-

Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG), die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sowie die Wärmelieferverordnung (WärmeLV) zu berücksichtigen.

Die geschäftlichen Rahmenbedingungen für die Fernheizwerk Neukölln AG haben sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert. Entsprechend positiv sind die Ergebniserwartungen an das Geschäftsjahr 2023.

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Geschäftsverlauf

Produktions- und Leistungsentwicklung

Am Standort Weigandufer werden sieben Großkesselanlagen und fünf BHKW betrieben. Insgesamt ist eine Feuerungswärmeleistung von rund 213 MW installiert. Die Großkesselanlagen produzieren Wärme durch den Einsatz der Brennstoffe Holzpellets, Erdgas und Heizöl. Im Rahmen der Kraft-Wärme- Kopplung werden in den mit Erdgas betriebenen BHKW gleichzeitig Wärme und Strom erzeugt. Zusätzlich erfolgt am Standort Kiehlufer eine Wärmeeinkopplung aus dem Heiznetz Mitte der Vattenfall Wärme Berlin AG. Über ein Leitungsnetz mit einer Trassenlänge von ca. 120 km und rd. 1.460 Wärmeübergabestationen versorgt unser Unternehmen im großstädtischen nördlichen Kerngebiet des Berliner Bezirks Neukölln rund ein Drittel der Haushalte, diverse Gewerbekunden sowie öffentliche Einrichtungen mit Fernwärme für Heizung und Warmwasserbereitung.

Im ersten Halbjahr 2023 konnte das kontinuierliche Wachstum mit acht Neuanschlüssen und einem Anschlusswert von 2,2 MW (Vorjahr: 1,1 MW) fortgesetzt werden. Zum 30. Juni 2023 ergab sich per Saldo ein Gesamtanschlusswert von rd. 297 MW (Vorjahr: 291 MW).

Durch die hohe Brennstoffflexibilität und optimierte Brennstoffbeschaffung hat das FHW den Brennstoff- Mix im ersten Halbjahr entsprechend den Marktpreis- und Witterungsbedingungen angepasst. Im Rahmen der Brennstoffeinsatzplanung wurde zum einen auf die Kostenoptimierung und zum anderen auf die Erreichung der angestrebten Effizienz- und Umweltkennziffern geachtet.

Trotz der leicht kühleren Witterung lag der Wärmeabsatz mit rund 238 GWh um 4 % unter dem Niveau des Vorjahres (249 GWh). Die eigenerzeugte Wärme lag mit 178 GWh über dem Vorjahresniveau (169 GWh). Gleichzeitig wurde der Fremdwärmebezug reduziert und befand sich mit 84 GWh rund 17 % unter dem Vorjahreswert (101 GWh).

Für die Wärmeproduktion wurde im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der rückläufigen Erdgaspreise deutlich mehr Erdgas eingesetzt (+ 173 %) und gleichzeitig vollständig auf Steinkohle verzichtet. Der Einsatz von Holzpellets sowie Heizöl befand sich weitestgehend auf Vorjahresniveau (+ 4 % bzw. +/- 0 %).

Entwicklung des Beschaffungsmarktes

Die Marktpreise für Erdgas und Heizöl gingen im ersten Halbjahr 2023 deutlich zurück. Entsprechend befanden sich auch unsere durchschnittlichen Beschaffungspreis unterhalb der Vorjahrespreise (- 17 % bzw. - 20 %). Der Beschaffungspreis für Holz stieg hingegen erneut deutlich an (+ 52 %).

Der Preis für den Wärmebezug war im ersten Quartal 2023 noch stark an die Erdgaspreisentwicklung des Vorjahres gekoppelt. Mit Abschluss eines neuen Wärmebezugsvertrages ab dem 1. April 2023 hat sich die Preisstruktur des Wärmebezugs verändert. Trotzdem befindet sich der durchschnittliche

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Wärmebezugspreis im ersten Halbjahr 2023 deutlich über dem Niveau des Vorjahreszeitraums (+ 174 %).

Die Materialkosten beliefen sich im ersten Halbjahr 2023 auf 30,8 Mio. €. Sie lagen damit deutlich über dem Vorjahreswert (18,5 Mio. €). Der Anstieg resultiert vornehmlich aus höheren Wärmebezugskosten (+ 6,4 Mio. €), gestiegenen Einsatzkosten für Erdgas (+ 6,0 Mio. €) und Holzpellets (+ 1,9 Mio. €). Gleichzeitig konnten Kosten durch den Verzicht auf Steinkohle bei der Wärmeproduktion eingespart werden (- 2,0 Mio. €).

Ertragslage

Das Periodenergebnis per 30. Juni 2023 weist gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Anstieg um 7,5 Mio. € auf 7,9 Mio. € aus.

Aufgrund der für die Fernwärme geltenden Preisbildung, gekoppelt an die Indexentwicklung der relevanten Brennstoffmärkte, stieg der verbrauchsabhängige Arbeitspreis erheblich an. Dies führte zu Wärmeerlösen deutlich über dem Niveau des Vorjahres (+ 82 %). Die Stromerlöse legten im Vergleich zum Vorjahr aufgrund einer gestiegenen Stromeinspeisung ebenfalls deutlich zu (+ 65 %). Die gesamten Umsatzerlöse stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20,3 Mio. € auf 46,2 Mio. €.

Dem Anstieg der Umsatzerlöse standen um 12,3 Mio. € höhere Materialaufwendungen gegenüber. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg der Rohertrag damit um 8,0 Mio. € auf 15,4 Mio. € an.

Der Personalaufwand befindet sich mit 2,8 Mio. € auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Am 30. Juni 2023 waren inklusive sieben Auszubildender 64 Mitarbeitende im Unternehmen beschäftigt.

Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen liegen mit 3,2 Mio. € um 1,1 Mio. € über dem Vorjahresniveau. Gründe sind erhöhte Instandhaltungsaufwendungen, gestiegene Kosten für Personaldienstleistungen sowie höhere IT-Aufwendungen. Die sonstigen betrieblichen Erträge stiegen im Wesentlichen aufgrund der Auflösung einer Wertberichtigung einer Forderung sowie aus Erträgen aus Versicherungserstattungen um 0,5 Mio. € auf 0,8 Mio. €. Die Abschreibungen in Höhe von 1,9 Mio. € liegen auf Vorjahresniveau.

Per 30. Juni 2023 wurde auf Grundlage eines zuvor geplanten negativen Ergebnisses vor Steuern keine Ertragssteuervorauszahlung geleistet oder abgegrenzt. Im Zuge einer aktualisierten Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2023 wurde im 3. Quartal eine Ertragssteuervorauszahlung bei der Finanzbehörde beantragt. Entsprechende Vorauszahlungsbescheide sind ergangen und Zahlungen erfolgen bei Fälligkeit. In Folge lag auch das Vorsteuerergebnis (EBT) im ersten Halbjahr 2023 mit 7,9 Mio. € deutlich über dem Wert des Vorjahreszeitraums (0,4 Mio. €).

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Vermögens- und Finanzlage

Die Bilanzrelationen zeigen eine stabile Vermögensstruktur.

Die Investitionen in das Anlagevermögen lagen im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres bei insgesamt 3,5 Mio. € und damit leicht über dem Niveau des Vorjahreszeitraums (3,2 Mio. €). Der wesentliche Teil der Investitionen entfiel mit rd. 1,8 Mio. € auf das neue BHKW und das dazugehörige Umspannwerk. Weitere 1,5 Mio. € flossen in die Erweiterung des Versorgungsnetzes sowie den Bau neuer Kundenanlagen. Insgesamt liegt das Anlagevermögen mit 61,6 Mio. € leicht über dem Niveau des Bilanzstichtages 2022 und erreichte rund 55 % der Bilanzsumme (31. Dezember 2022: 67 %).

Die Auszahlung der letzten beiden Tranchen des Darlehens der Vattenfall Wärme in Höhe von 18,0 Mio. € führte zum Anstieg der liquiden Mittel im Vergleich zum 31.12.2022 um 12,7 Mio. € auf 22,1 Mio. €. Die Umsetzung unseres Investitionsprogramms sowie die Inanspruchnahmen der in 2022 gebildeten Rückstellungen für ausstehende Rechnungen wirkten sich hingegen belastend auf die Liquidität aus. Die Finanzierung der im Geschäftsjahr erfolgten bzw. noch ausstehenden Investitionen geschieht unter der Verwendung des gewährten Darlehens.

Gesamtaussage zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft

Als Unternehmen der Wärmeversorgung ist die Ertragslage des Unternehmens in starkem Maße abhängig von der Entwicklung der Brennstoff-, CO2- und Strompreise. Die ersten sechs Monate des Geschäftsjahres 2023 waren geprägt von einer deutlichen Erholung und Beruhigung der Energie- und Brennstoffmärkte. Die Erhöhung der Absatzpreise im 2. Quartal 2023 als Folge der hohen Brennstoffpreise der 2. Jahreshälfte 2022 führte zu einer Verbesserung der Ertragslage. Die Beruhigung der Brennstoffmärkte, die sich wiederum in der rückläufigen Indexentwicklung der relevanten Marktindizes widerspiegelt, wird jedoch ab Oktober 2023 auch wieder fallende Arbeitspreise nach sich ziehen. Insgesamt rechnen wir für das Jahr 2023 weiterhin mit einem positiven Ergebnis.

Kapitalmarkt

Die Marktkapitalisierung betrug zum Stichtag 30. Juni 2023 bei einem Aktienkurs von 39,80 €/Aktie 91,5 Mio. €. Im ersten Halbjahr 2023 bewegte sich der Kurs der Aktie zwischen 36,70 € und 45,30 €.

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FHW - Fernheizwerk Neukölln AG published this content on 27 September 2023 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 27 September 2023 07:35:08 UTC.