BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Immobilienwirtschaft sieht eine "dramatische" Lage im Wohnungsbau und appelliert an Länder und Bund, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Nötig sei ein entschiedener Kraftakt. Ansonsten drohe ein Wohnungsnotstand, wie der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) warnte. In einem gemeinsamen Schreiben fordern 17 Spitzenverbände und Kammern des Bau-, Planungs- und Immobilienwirtschaft, dass mehr Tempo beim seriellen Bauen gemacht werden und es Fortschritte beim seriellen Bauen geben müsse.

In diesem Jahr würden aller Voraussicht nach noch weniger Wohnungen neu gebaut werden als im Jahr 2021, als nur 293.393 fertig gestellt wurden. "Alle Vorzeichen deuten darauf hin, dass es im Jahr 2023 einen dramatischen Einbruch geben wird. Das Ziel der Koalition, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, droht zum Wunschdenken zu werden", hieß es in dem gemeinsamen Appell der Verbände und Kammern, der am Freitag veröffentlich wurde.

Sie forderten, dass der Wohnungsbau zur Chefsache des Bundeskanzlers werden und eine gesicherte Gesamtplanung für die Förderung von Neubau und Sanierung endlich vorgelegt werden müsse. Außerdem müssten Grundstücke zügig bereitgestellt und Baukosten durch eine Steuerpolitik gesenkt werden.


   Sehenden Auges in Wohnungsnotstand 

"Der Wohnungsneubau in Deutschland steht aufgrund explodierender Preise, steigender Zinsen und zerschlagener Förderkulisse vor dem Kollaps. Wenn die Politik jetzt nicht gegensteuert, laufen wir sehenden Auges in einen Wohnungsnotstand", sagte ZIA-Hauptgeschäftsführer Oliver Wittke. "Wir brauchen jetzt eine zielgenau Neubauförderung, eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie steuerliche Anreize für Investitionen."

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), kritisierte, dass der Bund - aber "vor allem die Länder" noch nicht das geliefert hätten, was notwendig ist, um wirklich mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. "Es dürfen keine Luftschlösser, es müssen Wohnungen gebaut werden, damit die Mieterinnen und Mieter nicht im Regen stehen", sagte Müller. "Bei den ambitionierten Zielen der Bundesregierung kommen wir daher am seriellen, industriellen Bauen nicht vorbei. Nur so können wir zügig, qualitativ hochwertig und kostengerecht zusätzlichen Wohnraum schaffen."

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), forderte verlässliche und auskömmliche Rahmen- und Förderbedingungen, wie etwa die Wiedereinführung der ausgelaufenen Sonder-AfA im Mietwohnungsbau sowie für den sozialen Wohnungsbau die Entkoppelung der Förderung von dem KfW-40-Standard. "Nur so werden wir mehr als die bisherigen 25.000 Sozialwohnungen jährlich bauen können", erklärte Pakleppa.

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December 02, 2022 07:15 ET (12:15 GMT)