Von Jinjoo Lee

NEW YORK (Dow Jones)--Die verheißungsvollen Nachrichten zu den Impfstoff-Kandidaten gegen das Coronavirus, jüngst vom US-Biotech-Konzern Moderna, ermöglichen es Investoren, sich ein Leben nach der Pandemie vorzustellen. Für große Einzelhandelsunternehmen wie Walmart stellt sich dann nicht mehr die Frage, wie viele Marktanteile sie ergattern können, sondern wie viele sie behalten können.

So berichtete der Einzelhandelsriese Walmart für das dritte Quartal per Ende Oktober ein Umsatzwachstum von 5,2 Prozent und für das US-Geschäft ein bereinigtes Plus von 6,4 Prozent. Das war deutlich besser als die Analysten mit einem Wachstum von 4 Prozent erwartet hatten. Im E-Commerce-Geschäft auf dem Heimatmarkt steigerte Walmart den Umsatz um 79 Prozent und grenzte den operativen Verlust ein. Für den Dreimonatszeitraum wies Walmart auf Konzernebene einen Gewinn je Aktie von 1,80 US-Dollar aus. Analysten hatten lediglich mit 1,21 Dollar gerechnet.

Eine Erklärung für höhere Margen im E-Commerce ist der Produktmix, den die Kunden online kauften. Produkte mit höheren Gewinnspannen für Heim- und Bekleidungsartikel verkauften sich besonders gut. Zudem habe der Marktplatz von Walmart, an dem Produkte von für Drittanbieter angeboten werden, seinen Umsatz im dreistelligen Bereich erhöhen können, erklärte der Konzern während einer Telefonkonferenz. So hätten die Gesamtverkäufe von einem Umsatzanstieg im September profitiert, weil bislang zurückgehaltene Käufe von Produkten für den Schulanfang nachgeholt worden seien. Den Umsatz im Lebensmittelgeschäft, der noch im zweiten Quartal hinter dem der Wettbewerber zurückblieb, konnte Walmart im dritten Quartal dank längerer Ladenöffnungszeiten wieder verbessern.


   Supply Chain ist in einer guten Verfassung 

Viele Pandemie-Trends setzten sich im Laufe des Quartals fort. So ging die Anzahl der Ladenbesuche je Kunde zwar zurück, allerdings legten die Umsätze je Einkauf zu. Und nun, da die Coronavirus-Infektionszahlen wieder Rekordstände ansteuern, gibt es keinen Grund zur Annahme, dass Walmart nicht mit einem starken Weihnachtsgeschäft rechnen sollte. Das liegt auch daran, dass seine Lieferkette und sein Lagerbestand seit der ersten Pandemie-Welle mit den Lockdowns in einer viel besseren Verfassung sind.

Trotz starker Ergebnisse haben sich die Walmart-Aktien, die am Montag ein Allzeithoch erreichten, kaum bewegt. Die Anleger machen sich bereits Gedanken über die Aussichten für den Umsatz und die Profitabilität des Unternehmens in der Zeit nach der Pandemie. So ist zum Beispiel das Umsatzwachstum bei allgemeinen Waren wie Heimprodukten und Bekleidung für den Moment vielversprechend für Umsatz und Margen. Aber es ist schwer abzuschätzen, wie gut sich Walmart auf lange Sicht entwickeln wird. Sobald die Verbraucher wieder in der Lage sind, in mehreren Geschäfte einkaufen zu können, ist es durchaus möglich, dass sie anfangen werden, Fachgeschäfte mit einer größeren Vielfalt als den großen Einzelhandel aufzusuchen. Aus dem gleichen Grund könnte auch das Wachstum auf der Plattform des Drittmarktes von Walmart hinterherhinken.

Ein guter Indikator wäre der Fortschritt bei "Walmart +", einem im September eingeführten Mitgliedschaftsprogramm. Enttäuschenderweise gab es während der Telefonkonferenz nur wenige Details dazu. Der Konzern sagte, für Ergebnisse sei es noch zu früh sei. Mitgliedschaftsprogramme führen im Allgemeinen dazu, die Kunden-Loyalität zu fördern, wie Walmart es bereits durch das Programm Sam's Club erfahren hat. Weil die Investoren in die Zukunft schauen wollen, wäre selbst ein kurzer Blick zu Walmarts neuen Mitgliedsprogramm genau das Richtige gewesen, um sie zu beruhigen.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/cbr/mgo

(END) Dow Jones Newswires

November 18, 2020 04:43 ET (09:43 GMT)