PARIS/LONDON (awp international) - Europas Börsen haben am Montag an ihre jüngste Talfahrt angeknüpft. Zwar fielen die Verluste nicht mehr so hoch aus wie vor dem Wochenende, doch die anhaltende Türkei-Krise sorgte weiterhin für Unsicherheit. Zudem drückten hohe Kursverluste der Bayer -Aktie den EuroStoxx 50 . Der europäische Leitindex gab am späten Vormittag 0,46 Prozent auf 3410,57 Punkte nach.

In Paris verlor der französische Cac 40 0,21 Prozent auf 5403,24 Zähler. In London ging es für den FTSE 100 um 0,48 Prozent auf 7629,90 Punkte abwärts.

Der Konflikt zwischen der Türkei und den USA, der mit einem massiven Wertverfall der türkischen Lira einhergeht, hatte bereits vor dem Wochenende viele Weltbörsen erfasst und die Kurse abwärts geschickt. Viele Anleger machten zuletzt generell einen grossen Bogen um Schwellenländer und flüchteten in als sicher geltende Häfen wie Staatsanleihen oder Währungen wie der japanische Yen und der Schweizer Franken.

"Die aktuelle Eskalation der geopolitischen Krisen lässt sich nicht mehr so einfach zurückdrehen wie blosse Strafzölle. Dieser Konflikt wird nachhaltige Folgen haben, die die Börsen auf Wochen und Monate belasten dürften", befürchten inzwischen die Marktexperten von CMC. Es droht "eine verhängnisvolle Spirale aus fallenden Währungen und steigenden Kreditausfallrisiken, die durch die enge gegenseitige Verflechtung im Handel die Weltwirtschaft belasten und nachhaltig schädigen dürfte.

Auch viele Investoren fürchten, dass die Türkei-Krise wie ein Lauffeuer auch das europäischen Bankensystem erfassen könnte. Entsprechend gehörten die Geldinstitute auch zum Start in die neue Handelswoche zu den grössten Verlierern im Eurostoxx50. BBVA -Anteile gaben um rund 3 Prozent nach, Papiere der Banco Santander , der niederländischen ING und der italienischen Intesa verloren jeweils mehr als ein Prozent.

Die Welle der Sorgen erfasste auch zahlreiche Touristik-Anbieter mit Türkei-Geschäft. Tui -Papiere brachen in London um rund dreieinhalb Prozent ein, die Aktien des Konkurrenten Thomas Cook verloren knapp 2 Prozent.

Papiere der französisch-niederländischen Fluggesellschaft Air France-KLM gingen gar mit rund 5,5 Prozent Abschlag auf Sinkflug. Auch die Aktien des Billigfliegers Easyjet , der mehrere Flughäfen in der Türkei ansteuert, gaben um mehr als ein Prozent nach. Zwar sei der massive Wertverfall der türkischen Lira prinzipiell gut für Touristen, sagte Marktbeobachter Neil Wilson von Markets.com, doch die Angst vor einem wirtschaftlichen Kollaps in der Türkei überwiege.

Aus Branchensicht ging es zum Wochenstart für die Pharmawerte am deutlichsten abwärts - der entsprechende Index gab zuletzt um 1,13 Prozent nach. Ausschlaggebend war hierfür der Kursrutsch der Bayer-Aktie um rund 11 Prozent. Die frisch zugekaufte Bayer-Tochter Monsanto war in einem ersten Prozess wegen angeblich verschleierter Krebsrisiken ihres Unkrautvernichters Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat zu insgesamt 289 Millionen US-Dollar verurteilt worden. Analyst Michael Leacock vom Investmenthaus Mainfirst kassierte in einer ersten Reaktion seine Kaufempfehlung.

Stephen McGarry von der britischen Investmentbank HSCB warnte zwar vor übereiltem Aktionismus, sieht mit dem Fall aber eine zunehmende Unsicherheit auf die Bayer-Aktien zukommen, da noch viele weitere Gerichtsverfahren wegen Roundup anhängig seien./tav/jha/