PARIS/LONDON (awp international) - Die europäischen Börsen präsentieren sich zum Ende der letzten vollen Handelswoche des Jahres etwas fester. Grössere Bewegung blieb zuletzt trotz des gern zitierten "Hexensabbats", also des grossen Verfalls an den Terminbörsen, aus. Viel mehr dürfte laut Beobachtern denn auch nicht mehr kommen: Das bevorstehende Wochenende sorgt für Gelassenheit, schrieb Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirekt Bank. "Viele Investoren haben ihre Depotpositionen bereits in den letzten Handelstagen angepasst und warten nur bedingt bis zum letzten Augenblick."

Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone gewann 0,20 Prozent auf 3746,70 Punkte dazu. In Paris ging es im Cac 40 um 0,09 Prozent auf 5977,64 Punkte bergauf. Der Londoner FTSE 100 legte im ähnlichen Tempo zu.

Positive Signale sendeten am Vortag erneut die US-Börsen, mit frischen Rekordständen beim Dow Jones Industrial, S&P 500 und dem technologielastigen Nasdaq 100. Experten wiesen in dem Zusammenhang auf eine sich abzeichnende Erholung der globalen Wirtschaft hin. Mit dem US-chinesischen Handelskonflikt und dem Brexit seien zudem vorerst zwei Wachstumsbremsen gelockert worden. Das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump spielt darüber hinaus an den Märkten keine wesentliche Rolle. Der Senat, der mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit dafür stimmen müsste, wird von Republikanern dominiert. Dass es dazu kommt, gilt als äusserst unwahrscheinlich.

Beim sogenannten Hexensabbat laufen Terminkontrakte auf Aktien und Indizes an den Terminbörsen aus. Vom "grossen Verfall" sprechen Börsianer dann, wenn der letzte Handelstag aller vier Derivate-Typen, also der Optionen und Futures auf Indizes und einzelne Aktien, auf denselben Tag fällt. Aktienkurse und Indizes können dann ohne wesentliche Unternehmens- oder Konjunkturnachrichten spürbar schwanken. Das ist vor allem bei Aktien-Schwergewichten in den entsprechenden Indizes zu beobachten.

Unternehmensseitig starteten die Aktien von Shell schwach in den Handel, nachdem der Ölkonzern über voraussichtliche Abschreibungen von bis zu 2,3 Milliarden US-Dollar (2,1 Milliarden Euro) informiert hatte. Die schwache Weltwirtschaft schlägt sich in den Gewinnspannen des Raffinerie-Geschäfts von Shell nieder. Hinzu komme der für diese Jahreszeit typische Margenrückgang, hiess es. Auch die jüngste Entwicklung des Ölpreises trage dazu bei. Die Papiere standen zuletzt mit 0,68 Prozent im Minus.

Leicht aufwärts ging es bei den Aktien von Nestlé mit einem Plus von 0,81 Prozent. Der Schweizer Lebensmittelriese verkauft die Mehrheit an seiner Wurstmarke Herta an den spanischen Lebensmittelkonzern Casa Tarradellas. Einen Minderheitsanteil von 40 Prozent will Nestlé behalten. Konkret geht es dabei um das Geschäft mit vegetarischen Produkten von Herta, das die Schweizer weiterentwickeln wollen. Das Wurst- und Fleischwarengeschäft sowie Teigprodukte passen nach Ansicht von Konzernchef Mark Schneider nicht mehr zur Ausrichtung des Konzerns auf Gesundheit.

Im Zuge eines Analysten-Urteils gerieten die Papiere des Schweizer Uhrenherstellers Swatch etwas unter Druck. Die US-Investmentbank Goldman Sachs rückte wegen eines von der Schweizer Wettbewerbskommission anordneten Lieferstopps mechanischer Uhrenwerke an Dritte von ihrer Kaufempfehlung ab und senkte zudem das Kursziel. Zwar sei der Einfluss auf die Gewinne des Uhrenherstellers nicht allzu gross, doch da zusätzlich die jüngsten Exportdaten Druck aus Asien zeigten, habe sie ihre Schätzungen für das Umsatzwachstum gesenkt, schrieb Analystin Louise Singlehurst. Die Risiken nähmen 2020 deutlich zu. Die Aktie gab zuletzt um 1,18 Prozent nach./kro/fba