Washington (Reuters) - Der Boom am US-Jobmarkt ist trotz der straffen Geldpolitik ungebrochen und nährt an den Finanzmärkten wieder die Sorge vor weiteren Zinserhöhungen.

Viele Fachleute wurden am Freitag von dem überraschend starken Stellenaufbau im September auf dem falschen Fuß erwischt. Es kamen 336.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu und damit fast doppelt so viele wie von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen auf dem Zettel hatten. Zudem gab es im August und Juli nach revidierten Angaben der Regierung rund 120.000 mehr Stellen als zunächst gemeldet. Händler reagierten sofort auf die überraschend starken Daten: Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung im laufenden Jahr wurde auf rund 50 Prozent taxiert. Vor dem Job-Bericht war die Chance nur auf etwa 34 Prozent eingepreist worden.

"Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich unerwartet robust. Und genau das schockt die Börsen. So viele neue Stellen in einem Monat wurden seit Januar nicht mehr geschaffen", sagte Thomas Altmann von QC Partners. Dabei fiel es auch nicht so sehr ins Gewicht, dass die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote im September auf dem Vormonatswert von 3,8 Prozent verharrte. Experten hatten einen Rückgang auf 3,7 Prozent erwartet. Die US-Zentralbank Federal Reserve bekämpft die hohe Inflation mit einer straffen geldpolitischen Linie. Sie will zugleich den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abkühlen, ohne den Wirtschaftsmotor abzuwürgen. Nach teils kräftigen Zinserhöhungen beließ die Fed den geldpolitischen Schlüsselsatz jüngst in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent.

"LOHNSTEIGERUNGEN ANSEHNLICH"

Für den weiteren Zinspfad sind die hereinkommenden Inflations- und Arbeitsmarktzahlen wichtige Orientierungsmarken. Mit Blick auf den Inflationsdruck beobachtet die Fed auch das Lohnwachstum genau. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten im September um 4,2 Prozent zum Vorjahr zu. Von Reuters befragte Experten hatten ein Plus von 4,3 Prozent auf dem Radar. Zum Vormonat ergab sich im September ein Zuwachs von 0,2 Prozent. Hier hatten Volkswirte eine Zunahme von 0,3 Prozent erwartet.

"Die Widerstandsfähigkeit des Arbeitsmarktes hat schon Fed-Vertreter verwundert und birgt mittelfristig Inflationsrisiken, zumal auch die Lohnsteigerungen ansehnlich geblieben sind", meint Helaba-Volkswirt Ralf Umlauf. Aus Sicht der US-Notenbank Fed habe sich die Beschäftigungsdynamik noch nicht ausreichend abgeschwächt, so die Einschätzung von Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank: Eine Leitzinserhöhung liege somit weiterhin in der Luft.

Die Futures für die drei großen US-Börsenindizes Dow Jones, S&P 500 sowie die Nasdaq deuteten zunächst auf Abschläge zum Handelsstart zwischen 0,5 und einem Prozent hin.

(Bericht vom Reuters-Büro Washington; geschrieben von Reinhard Becker; Mitarbeit Klaus Lauer und Nette Nöstlinger; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Lucia Mutikani