- von Nidal al-Mughrabi und Dan Williams

Gaza/Jerusalem (Reuters) - Eine erste Gruppe von Verletzten hat den Gazastreifen über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten verlassen.

Sie seien in Krankenwagen über die Grenze gebracht worden, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Bis zu 500 Ausländer sollen ägyptischen Sicherheitskreisen zufolge am Mittwoch über Rafah ausreisen können. Etwa 200 warteten bereits an dem Grenzübergang auf palästinensischer Seite, sagte ein Insider mit Kenntnis der Lage.

Nach Reuters-Informationen kam der Deal zur Evakuierung durch Vermittlung Katars zustande und wurde von Ägypten, Israel und der radikalislamischen Hamas vereinbart. Demnach sind damit andere Fragen wie die Freilassung der von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten rund 240 Geiseln oder eine Waffenruhe nicht darin einbezogen. Am Dienstag waren im Gazastreifen bei einem israelischen Luftangriff auf ein dicht besiedeltes Flüchtlingslager nach palästinensischen Angaben mindestens 50 Menschen getötet worden. Israel erklärte, bei dem Angriff seien ein Hamas-Kommandeur und weitere Kämpfer ausgeschaltet worden.

Das Vorgehen der israelischen Armee in dem palästinensischen Küstenstreifen ist Vergeltung für die Angriffe von Hamas-Kämpfern auf israelische Zivilisten am 07. Oktober, bei denen nach israelischen Angaben neben den Geiselnahmen mehr als 1400 Menschen getötet wurden, darunter rund 1100 Zivilisten. Wegen der israelischen Angriffe hat sich die humanitäre Lage im Gazastreifen dramatisch verschärft. Laut den von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden sind seit dem 07. Oktober in dem Gebiet mindestens 8525 Menschen getötet worden, darunter 3542 Kinder.

GALANT: ES GEHT UM DIE ZUKUNFT ISRAELS

Vertretern der Vereinten Nationen zufolge sind mehr als 1,4 Millionen Menschen auf der Flucht. Im dicht besiedelten Gazastreifen leben rund 2,3 Millionen Menschen. Nahrungsmittel, Medikamente und sauberes Wasser sind UN-Angaben kaum noch vorhanden. Nach Angaben des Telekommunikationsanbieters Paltel waren Verbindungen und Internet im Gazastreifen auch am Mittwoch vollständig abgeschaltet. Das erklärte Ziel Israels ist es, die Hamas zu vernichten. Forderungen auch der US-Regierung nach einer Waffenruhe, um humanitäre Hilfslieferungen zuzulassen, hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu abgelehnt.

US-Außenminister Antony Blinken wird am Freitag zu einem erneuten Besuch in der Region erwartet. Der israelische Verteidigungsminister Joaw Galant betonte am Mittwoch, die Hamas-Kämpfer hätten nur zwei Optionen: "entweder der Tod oder die bedingungslose Kapitulation". Es gehe in diesem Krieg um "die Zukunft Israels, um nichts weniger".

Im Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des Gazastreifens leben vertriebene Familien aus Kriegen der Palästinenser mit Israel, die bis ins Jahr 1948 zurückreichen. Auf Video-Aufnahmen waren schwere Zerstörungen, tiefe Bombenkrater und ausgebrannte mehrstöckige Gebäude zu sehen. Menschen gruben mit bloßen Händen in Trümmerhaufen auf der Suche nach Angehörigen. Der Sprecher des israelischen Militärs, Richard Hecht, bestätigte im Sender CNN den Luftangriff auf das Flüchtlingslager. Hecht sagte, ein sehr hochrangiger Hamas-Kommandant habe sich in dem Gebiet aufgehalten. "Wir gehen der Sache nach und werden weitere Informationen vorlegen, sobald wir wissen, was dort passiert ist."

(Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)