Seoul/Moskau (Reuters) - Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei seinem ersten Besuch in Nordkorea seit 24 Jahren eine deutliche Vertiefung der Beziehungen signalisiert.

Ein mit Machthaber Kim Jong Un unterzeichnetes strategisches Abkommen enthalte auch eine "gegenseitige Unterstützung im Falle einer Aggression gegen einen der Vertragspartner", sagte Putin am Mittwoch nach dem Treffen in Pjöngjang. Er schloss auch eine "militärisch-technische Zusammenarbeit" mit Nordkorea nicht aus. Kim bekundete seinerseits eine "bedingungslose Unterstützung" für die gesamte russische Politik, einschließlich einer "vollen Unterstützung und festen Allianz" für Russlands Krieg gegen die Ukraine.

Putin wurde in Pjöngjang unter Jubel empfangen. Eine Ehrengarde und große Menschenmengen versammelten sich auf dem zentralen Kim-Il-Sung-Platz, wie von russischen Medien übertragene Videos zeigten. Kinder schwenkten Luftballons, riesige Porträts der beiden Männer mit den Nationalflaggen der beiden Länder schmückten das Hauptgebäude des Platzes. Das Treffen zeuge von der "Unbesiegbarkeit und Dauerhaftigkeit" der Freundschaft und Einheit zwischen Nordkorea und Russland, meldete die nordkoreanische staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

EXPERTE: HABEN TIEFE DER BEZIEHUNGEN UNTERSCHÄTZT

Der Wortlaut der neuen Vereinbarung wurde zunächst nicht veröffentlicht. Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, die tieferen Beziehungen zwischen den Regierungen in Moskau und Pjöngjang sollten Anlass zur Sorge bieten. Eine chinesische Stellungnahme lag zunächst nicht vor. Der Leiter des Instituts für Sicherheits- und Entwicklungspolitik in Schweden, Niklas Swanström, verwies in einer ersten Einschätzung darauf hin, dass die Zusammenarbeit inzwischen etwa auch Zahlungssysteme und Forschung berühre. "Sie scheint eine Tiefe zu haben, die wir unterschätzt haben."

Ein enges Bündnis könnte den Experten zufolge das strategische Gleichgewicht in der Region deutlich verändern. Nordkorea wurde 1948 mit der Unterstützung der Sowjetunion gegründet. Die beiden Staaten unterzeichneten 1961 ein Bündnis, das auch gegenseitige Verteidigung einschloss. Zwar unterhalten China und Nordkorea ein Defensivbündnis, es umfasst jedoch nicht die Art militärischer Zusammenarbeit, wie sie sich in den vergangenen Monaten mit Russland herausgebildet hat. Die USA sind ihrerseits in der Region eng mit Südkorea und Japan verbündet.

RUSSISCHER EXPERTE: NORDKOREA KÖNNTE WIE BELARUS WERDEN

Russischen Medienberichten zufolge kündigte Putin vor dem Treffen an, dass Russland gegen die hegemoniale, imperialistische Politik der USA und ihrer Verbündeten kämpfe. Der russische Experte Artjom Lukin von der Fernost-Universität nannte das Bündnis eine offene Herausforderung an die "US-zentrischen Allianzen" in der Region. "Wenn Russland Nordkorea Sicherheitsgarantien gibt, wird die Demokratische Volksrepublik Korea zu einem Gegenstück von Belarus, Russlands wichtigstem Verbündeten in Osteuropa."

In Diplomatenkreisen wurde zunächst zumindest von einem etwaigen Wendepunkt bezüglich der UN-Sanktionen gegen Nordkorea wegen dessen Atom- und Raketenprogramms gesprochen. Die russische Regierung hat zwar die Strafmaßnahmen jahrelang mitgetragen. Im März blockierte sie jedoch die jährliche Neuautorisierung einer UN-Überwachungsmission und erklärte, es werde ein neuer Ansatz bezüglich Nordkorea benötigt.

Nordkorea wird vorgeworfen, ballistische Raketen und Artilleriegeschosse bereitzustellen, die Russland im Krieg in der Ukraine verwendet. Die Regierungen in Moskau und Pjöngjang weisen das zurück. Experten weisen darauf hin, dass ein Bündnis von russischer Seite begrenzt sein dürfte. So habe die Regierung in Moskau kein Interesse an einer größeren Verbreitung von Atomwaffen. Putin sollte in der Nacht auf Donnerstag in Vietnam eintreffen, der nächsten Station seiner Asien-Reise.

(Mit Material von Guy Faulconbridge und Josh Smith; geschrieben von Patricia Weiß und Scot W. Stevenson; Redigiert von Birgit Mittwollen.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Ju-min Park und Josh Smith