Kiew (Reuters) - Russland hat während des Berufsverkehrs am Montagmorgen erneut einen großangelegten Raketenangriff auf die Ukraine gestartet.

Dutzende Raketen seien auf Wohnhäuser und Industrieanlagen im ganzen Land abgefeuert worden, teilten die ukrainischen Behörden mit. Mindestens vier Zivilisten seien getötet und etliche verletzt worden. Ziel waren unter anderem die Städte Krywyj Rih, Saporischschja, Charkiw, Dnipropetrowsk und Chmelnyzkyj im Süden, Osten und Westen der Ukraine. Zum Teil fiel die Stromversorgung aus - und das inmitten einer Kältewelle in der Ukraine. "Der verrückte Feind hat erneut Zivilisten angegriffen", schrieb der Gouverneur von Krywyj Rih, Serhij Lysak, auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram. "Raketen zielen auf Menschen." Das russische Verteidigungsministerium erklärte, das Militär habe militärisch-industrielle Ziele angegriffen.

In der gesamten Ukraine gab es Luftalarm. 18 von 51 Raketen verschiedener Typen seien abgefangen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Das ist eine deutlich geringere Abschussrate als üblich. Die Luftwaffe führt dies darauf zurück, dass die russischen Streitkräfte eine große Zahl an ballistischen Raketen eingesetzt habe. Diese seien schwieriger abzuschießen, sagte ein Sprecher. Zudem seien alle acht Drohnen des iranischen Typs "Schahed" abgefangen worden, die Russland gestartet habe. Ziel des russischen Angriffes seien Einrichtungen der kritischen Infrastruktur gewesen sowie zivile industrielle und militärische Anlagen.

"Der Feind greift friedliche Städte brutal an", schrieb Olexandr Wilkul, der Bürgermeister der Stadt Krywyj Rih, auf Telegram. Ein 62-Jähriger sei getötet worden. Neun Raketen seien in der südlichen Innenstadt eingeschlagen. Ein Einkaufszentrum und zahlreiche Wohnhäuser seien getroffen worden. 15.000 Einwohnerinnen und Einwohner seien ohne Strom. Straßenbahnen und Oberleitungsbusse seien ausgefallen.

In Chmelnyzkij im Westen wurden nach Angaben örtlicher Behörden zwei Menschen getötet. Dort seien auch Einrichtungen der kritischen Infrastruktur angegriffen worden.

Eine 63-jährige Frau starb bei einem Angriff auf eine Ortschaft südlich von Charkiw. Dort seien Industriegelände und eine Bildungseinrichtung nach mindestens vier Raketenangriffen beschädigt, erklärte der Gouverneur der gleichnamigen Region, Oleh Synehubow.

In der Stadt Saporischschja im Südosten seien fünf Menschen verletzt worden, teilte der Gouverneur der gleichnamigen Region, Jurij Malaschko, mit. "Raketen treffen Wohngebiete", schrieb er auf Telegram. "Kein einziges militärisches Ziel."

Russland hat wiederholt bestritten, zivile Ziele anzugreifen. "Heute Morgen wurde ein Mehrfachangriff mit hochpräzisen, see- und luftgestützten Langstreckenwaffen, darunter dem Hyperschallraketensystem Kinschal, auf Einrichtungen des militärisch-industriellen Komplexes der Ukraine verübt", teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.

In den vergangenen Wochen hatte Russland immer wieder Städte aus der Luft angegriffen, die weit hinter den Frontlinien im Osten und Süden liegen. Am 24. Februar jährt sich der Beginn der russischen Invasion der Ukraine zum zweiten Mal.

(Bericht von: Dan Peleschuk, Pavel Polityuk, Oleksandr Kozhukhar; geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)