FRANKFURT (awp international) - Der Franken macht seinem Ruf als sicherer Hafen am Montag über weite Strecken alle Ehre. Erst im Mittagshandel hat er wieder etwas an Boden abgegeben. Bleibt die Frage, ob dies nicht vornehmlich den Interventionen der SNB geschuldet ist. Wie nämlich die neuesten Daten zeigen, hat sie in der vergangenen Woche wieder deutlich am Devisenmarkt interveniert und dürfte das wohl auch am Montagmorgen getan haben.

Das für die Schweizer Wirtschaft wichtigste Währungspaar Euro/Franken sank im asiatischen Handel bis auf 1,05435 und damit auf den tiefsten Stand seit rund 5 Jahren. Seit etwa 8 Uhr ist das Paar dann immer weiter gestiegen und notiert mittlerweile bei 1,0611 gar wieder oberhalb der 1,06er Marke.

Noch stärker unter Druck als der Euro steht aber der US-Dollar. Dieser sank zeitweise bis auf 0,9183 Franken, erholte sich dann aber ebenfalls wieder auf zuletzt 0,9290.

Die SNB dürfte wohl am Markt interveniert und Franken verkauft haben, heisst es am Markt. Fast sicher war das auch letzte Woche der Fall. Der Durchschnitt der Franken-Sichtguthaben bei der SNB für die vergangene Woche (Mittwoch bis Mittwoch) stieg jedenfalls um weitere 2,7 Milliarden auf 598,5 Milliarden Franken, wie die Nationalbank am Montag mitteilte.

Die Entwicklung der Sichtguthaben gilt als guter Indikator für mögliche Interventionen der SNB zur Frankenschwächung. Sie kauft dann etwa Fremdwährungen und schreibt den Banken den entsprechenden Franken-Betrag auf deren SNB-Konten gut. In den letzten sechs Wochen sind die Sichtguthaben damit um gut 11 Milliarden angestiegen.

Im Zuge der sich ausbreitenden Panik an den Börsen ist auch der Euro gegenüber dem US-Dollar zeitweise auf den höchsten Stand seit über einem Jahr gestiegen. Der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung kletterte im frühen Handel bis auf 1,1495 US-Dollar. Dies war der höchste Stand seit Februar 2019. Im Mittagshandel notiert er aber wieder tiefer bei 1,1405 Dollar.

Zusätzlich zu den Auswirkungen der Coronavirus-Krise reagieren die Devisenmärkte auf einen starken Einbruch der Ölpreise mit der Flucht in als sicher erachtete Währungen. Nach den bereits am Freitag gescheiterten Verhandlungen der Ölförderstaaten war der Streit zwischen Saudi-Arabien und Russland über die künftigen Fördermengen eskaliert.

Neben dem Euro und dem Franken legt denn auch der japanische Yen deutlich zu. Unter Druck stehen hingegen Rohstoffwährungen wie der australische und der kanadische Dollar. Noch deutlicher fallen die norwegische Krone und der russische Rubel. So sackt der Rubel zum Euro um knapp 10 Prozent ab. Er erreichte zeitweise den tiefsten Stand seit Anfang 2016.

Die Schwäche des US-Dollar begründen Händler mit dem Zinssenkungsspielraum der US-Notenbank. Zudem wird in den USA viel Schieferöl produziert.

"Die Verunsicherung ist hoch und die Perspektiven für Konjunktur und Märkte schwer abzuschätzen, zumal jetzt noch die Ölpreise kräftig fallen, nachdem sich die Opec und Russland nicht auf eine Förderkürzung einigen konnten", erklären Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). "Obwohl in China die Infektionszahl ein Plateau erreicht zu haben scheint, rollt die Corona-Welle weiter und noch ist nicht abzusehen, wann dies ein Ende hat."

Commerzbank-Experte Ulrich Leuchtmann tendiert gar dazu, die Schwäche von Aktien, Öl und Dollar nicht nur als Reaktion auf den Coronavirus zu deuten. Die Zentralbanken hätten mit ihrer Politik die Anleger in riskante Anlagen getrieben. Jetzt könnte "das grosse, langfristige Problem des Dollar aufs Trapez kommen, die Auslandsverschuldung der US-Volkswirtschaft", heisst es in einem Kommentar. Es sei in einem extremen Szenario nicht ausgeschlossen, dass der Eurokurs über 1,30 Dollar steigt, so Leuchtmann. /ssc/jsl/jha/hr