FRANKFURT (Dow Jones)--Der Ausblick für Aktien bleibt nach Ansicht der Deutschen Bank positiv: "Das anhaltende Gewinnwachstum der Unternehmen dürfte die Aktienmärkte weiterhin treiben, obwohl die Dynamik nachlassen sollte", sagt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege Privatkundenbank Deutschland der Deutschen Bank. Den DAX sieht das Institut Ende 2022 bei 17.000 Punkten, den Euro-Stoxx-50 bei 4.600 und den S&P-500 bei 5.000. Der Euro sollte sich auf 1,20 Dollar erholen. Aktien seien nicht preiswert. Stephan erwartet keine Ausweitung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV), sondern geht davon aus, dass die Rendite im kommenden Jahr in etwa dem erwarteten Gewinnwachstum von 8 bis 9 Prozent entsprechen werde.

Die weiterhin starke Nachfrage ermögliche es vielen Unternehmen, die höhere Inflation mit Preissteigerungen an ihre Kundschaft weiterzugeben. Deshalb sollten sich ihre Gewinnmargen nicht verschlechtern. "Die Auftragsbücher der Industrieunternehmen sind prall gefüllt und auch beim Konsum von Dienstleistungen besteht bei einem Abflauen der Pandemie noch Luft nach oben", so Stephan. Vor allem der Autosektor dürfte mittelfristig von den abnehmenden Lieferkettenproblemen und langfristig vom Ausbau der Chip-Produktion profitieren. Die Autoproduktion in Europa und in den USA sollte sich wegen eines wieder höheren Angebots an Halbleitern aus Asien bald erholen.


   Deutsche Bank erwartet keinen flächendeckenden Lockdown wegen Omikron 

Generell sollten Aktien nicht allzu sehr unter moderat ansteigenden Inflationsraten leiden, zumal die Realrenditen negativ bleiben sollten. "Aktien weisen bei einer steigenden Inflation meist sogar eine relativ gute Performance auf und können sogar einen gewissen Schutz davor bieten", sagt Stephan. Denn die Umsätze und Gewinne der Unternehmen seien eine nominale Größe, daher stiegen sie mit der Inflation. Im Jahr 2022 könnten zunächst Zykliker im Vordergrund stehen. Vor allem die in den vergangenen Jahren relativ unbeliebten Finanzwerte sollten von graduell steigenden Kapitalmarktzinsen profitieren. Defensive Titel könnten in der zweiten Jahreshälfte möglicherweise an Attraktivität gewinnen.

Nach einem rekordverdächtigen Wirtschaftswachstum im ablaufenden Jahr erwartet die Deutsche Bank auch für 2022 ein robustes weltweites Wirtschaftswachstum. Das alles bestimmende Thema dürfte die Inflation sein. Der Preisdruck dürfte zwar nachlassen, aber auf einem höheren Niveau verharren. In den USA dürften die Verbraucherpreise 2022 um 3,8 Prozent anziehen und in der Eurozone um 2,5 Prozent. Die Zeit anhaltend niedriger Verbraucherpreise sei erst einmal vorbei. Einen stärkeren Lohnanstieg schließt die Deutsche Bank nicht aus, eine Hyperinflation oder eine Stagflation erwartet das Kreditinstitut aber nicht.

Mit Blick auf die jüngst aufgetauchte Omikron-Virusvariante rechnet die Deutsche Bank derzeit nicht mit einem flächendeckenden Lockdown in Deutschland. Sollte ein solcher kommen, würde er natürlich das Wachstum belasten. Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass ein neuer Lockdown so lange dauern würde wie im vergangenen Jahr, außerdem sei mit Nachholeffekten zu rechnen, sobald die Wirtschaft wieder öffne. Für die Kapitalmärkte bedeute Omikron eine vermutlich kürzere Phase erhöhter Volatilität.


   Renditen an den Anleihemärkten dürften steigen - Aussichten für Immobilien bleiben günstig 

Mit Blick auf die Zentralbanken rechnet die Deutsche Bank mit einer Wende der Zinspolitik in den USA bereits Mitte 2022, in der Eurozone dürfte ein solcher Schritt erst gegen Ende 2023 anstehen. "Sollte die Inflationsrate bis zum Ende dieses Jahres oder gar Anfang 2022 allerdings nicht nachhaltig zurücksetzen, ist es fraglich, ob die Fed ihre sehr lockere Geldpolitik nicht doch schneller zurückfahren muss", sagt Stefan Schneider, Chefvolkswirt für Deutschland von Deutsche Bank Research. Zumindest dürfte sie den Umfang ihrer monatlichen Anleihekäufe, die geplant zur Jahresmitte enden, schneller verringern. Das PEPP-Kaufprogramm der EZB dürfte derweil im März enden.

An den Rentenmärkten dürfte es 2022 einige Bewegung geben. Die Renditen langfristiger Staatsanleihen könnten vor dem Hintergrund einer Verschärfung der Geldpolitik nach oben tendieren und ihren Höhepunkt Mitte des Jahres erreichen. Im zweiten Halbjahr dürften die Zinsen ein Stück weit zurücklaufen - mit Blick auf das Jahr 2023 und der dann erwarteten abnehmenden Inflationsrate sowie der Geldpolitik der Notenbanken. Was den Immobilienmarkt angeht, bleiben die Ertragsaussichten für Investitionen am Markt für gewerbliche und auch Wohnimmobilien auf Sicht der kommenden Jahre positiv. Die Deutsche Bank Research sieht den Markt aber mittelfristig auf eine Normalisierung des Zyklus zusteuern.

Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

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November 30, 2021 05:41 ET (10:41 GMT)