27.01.2016

Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP und Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen; Foto: FDP

Bildung als Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Bei diesem Ansatz denkt wohl kaum jemand sofort an die Freie Demokratische Partei (FDP). Aber während die große Koalition die Unternehmen mit ihrer Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik gegen sich aufbringt, hat sich die FDP sozusagen in der außerparlamentarischen Opposition neu positioniert. Über künftige Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und welche Politik im Bereich Arbeit und Soziales die FDP verfolgt, sprach der BAP mit dem Bundesvorsitzenden Christian Lindner.
Herr Lindner, gerade im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik hat die große Koalition eine Reihe von neuen Gesetzen auf den Weg gebracht, von denen einige bei der Wirtschaft wenig Freude ausgelöst haben. Welches Fazit ziehen Sie?

Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der großen Koalition verharrt im Umverteilen, im Konsumieren, im Bürokratisieren. Die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgebaute Zukunftsreserve in der Rentenkasse ist nach dieser Legislaturperiode verbraucht. Mindestlohndokumentationspflichtenverordnungen und Arbeitsstättenverordnungen mögen bei Arbeitsministerin Nahles Glücksgefühle auslösen, einen Beitrag zur Zukunftsgestaltung dieses Landes leisten sie nicht.

Dabei liegen die großen Herausforderungen auf der Hand. Offensichtlich hat der Staat Defizite in seiner Kernaufgabe: die Durchsetzung des Rechtsstaats und die Garantie der Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger. Eine Antwort auf die massiven Umwälzungen durch die Digitalisierung hat die große Koalition ebenfalls nicht. Dabei müssen wir jetzt endlich ein hochleistungsfähiges flächendeckendes Breitbandnetz als zentrales Nervensystem der digitalen Gesellschaft aufbauen und einen Bildungssprung machen, um unsere Jugend auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Wir müssen durch gesteuerte Einwanderung eine Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Wir müssen Forschung und Entwicklung besser unterstützen, wenn wir nicht technologisch abgehängt werden wollen. Und wir brauchen eine neue Gründerkultur, die Unternehmergeist fördert.

Die Regierung will die Zeitarbeit auf ihre Kernfunktion hin orientieren und mit dieser Begründung Equal Pay nach neun Monaten und eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten einführen. Ein erster Referentenentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium sieht drakonische Strafen bei Verstößen vor. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben?

Ich halte wenig von immer weiteren Eingriffen in die Wirtschaft, immer mehr Bürokratie und immer weniger Flexibilität. Flexible Arbeitsmärkte haben Deutschland stark gemacht und die aktuelle Rekordbeschäftigung ermöglicht. Daran hatte nicht zuletzt die Agenda 2010 ihren Anteil. Union und SPD wickeln diese Stück für Stück ab, jede Woche wird eine neue Idee diskutiert, wie Freiheit und Flexibilität eingeschränkt werden können. Zeitarbeit und Werkverträge sind ja nur zwei Beispiele, das gleiche gilt aber auch etwa für den Übergang ins Ruhestandsalter. Die Rente mit 63 ist eine Stilllegungsprämie für Fachkräfte, obwohl es eigentlich prämiert werden sollte, wenn Qualifizierte länger arbeiten. Die Menschen haben Vertrauen und eigenverantwortliche Entscheidungen verdient, deshalb brauchen wir mehr Flexibilität - nicht weniger.

Momentan ist die FDP nicht im Bundestag vertreten, Umfragen sehen sie aber auf dem Weg über die Fünf-Prozent-Hürde. Welche Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik würde die FDP machen, wenn sie wieder an der Regierung beteiligt wäre?

Wir setzen auf Zukunftschancen, auf Vertrauen in die Menschen, auf 'German Mut'. Wir wollen Unternehmensgründer unterstützen und ihnen nicht vorschreiben, um wieviel Uhr sie arbeiten dürfen. Wir wollen durch einen Ausbau der Kinderbetreuung mehr Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schaffen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Wir wollen den digitalen Wandel für die Menschen nutzen und ihnen so flexible Arbeitszeiten und -orte ermöglichen, anstatt in der sozialdemokratischen Romantisierung der Stechuhr durch Frau Nahles zu verharren.

Vor allem aber wollen wir eine neue Prioritätensetzung: Chancen schaffen durch die beste Bildung der Welt statt Substanzverzehr durch staatliche Umverteilungs- und Ausgabenprogramme. Erfolgreiche Arbeits- und Sozialpolitik investiert in die Bildung der Menschen, in Qualifizierung, in Wissenschaft und Forschung. Bildung als gesamtstaatliche Aufgabe, moderne IT-Ausstattung in Schulen, mehr Vermittlung von MINT-Kompetenzen an Lehrer und Schüler, mehr Freiheit und Selbstverantwortung für Schulen - das sind Bestandteile unseres Konzepts für Chancen und Zukunftsfähigkeit.

Über den BAP:
Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e. V. (BAP) ist die führende Interessenvertretung der Zeitarbeitsbranche in Deutschland. Im BAP sind ca. 2.000 Mitglieder mit über 4.800 Personaldienstleistungsbetrieben organisiert. Informationen zum Verband finden Sie unter www.personaldienstleister.de.

Interview honorarfrei / Belegexemplar erbeten

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© 2016 Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP)

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BAP - Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. veröffentlichte diesen Inhalt am 27 Januar 2016 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen. Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 27 Januar 2016 11:08:28 UTC.

Das Originaldokument ist verfügbar unter: http://www.personaldienstleister.de/presse/pressemitteilungen/detail/article/wir-brauchen-mehr-flexibilitaet-nicht-weniger.html