Die Übersicht in Kurzmeldungen zu Entwicklungen, Ergebnissen und Einschätzungen rund um die bundesdeutsche Politik:


Koalitionspolitiker kritisieren Debatte um Notdienstgebühr 

Gesundheitspolitiker der Koalition haben sich gegen eine Strafgebühr für die Nutzung ärztlicher Notdienste ausgesprochen, für die der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, plädiert hatte. "Die Debatte um eine Notdienst-Strafgebühr wird auch nach erneutem Aufgreifen durch Kinderärztepräsident Fischbach nicht weniger irreführend und gefährlich", sagte Grünen-Gesundheitssprecher Janosch Dahmen der Mediengruppe Bayern. FDP-Gesundheitssprecher Andrew Ullmann hielt eine Gebühr demnach ebenfalls für fragwürdig: "Ob eine Gebühr hier den gewünschten steuernden Effekt hat, bezweifle ich", sagte er. Fischbach hatte in der Neuen Osnabrücker Zeitung dafür geworben, von Eltern in bestimmten Fällen eine Eigenbeteiligung zu verlangen, unter anderem wenn diese ihre Kinder wegen eines "Pickels am Po" am Wochenende zum Notdienst schickten.


Bahnindustrie: Schienennetz-Sanierung droht zu scheitern 

Die deutsche Bahnindustrie kritisiert die Bundesregierung, dass die Modernisierung des deutschen Bahnnetzes viel zu langsam voran gehe und es keine ausreichenden Investitionszusagen gebe. "Die geplante Sanierung des Schienennetzes droht zu scheitern", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland, Sarah Stark, der Süddeutschen Zeitung. Es gebe keine konkreten Zusagen. Es sei zwar richtig, dass die Bundesregierung 45 Milliarden Euro zusätzlich bis 2027 in die Schiene investiere. Aber: "Im Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2024 fehlen diese 45 Milliarden Euro. Es gibt darin bislang drei Milliarden Euro Mehrinvestitionen in die Schiene. Damit bleibt eine sehr große Lücke zu den gemachten Ankündigungen", sagte Stark. Dies sei ein großes Problem gerade für die Anbieter von Bahntechnik.


Wirtschaftsrat dringt auf wirtschaftspolitischen Kulturwandel 

Der Wirtschaftsrat der CDU unterstützt den Fünf-Punkte-Plan der Union, um die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. "Die Forderung der Union nach einem Sofortprogramm für neue Wachstumsimpulse ist absolut richtig. Wir erleben die höchsten Nettoabflüsse von Unternehmenskapital, die es in Deutschland je gegeben hat", sagte der Generalsekretär des Unternehmerverbandes, Wolfgang Steiger. "Es braucht dringend einen wirtschaftspolitischen Kulturwandel." So seien die Senkung der Stromsteuer auf ein europäisches Minimum und die Abschaffung der Netzentgelte "längst überfällig". Auch spreche sich der Wirtschaftsrat schon seit langem für ein Bürokratiemoratorium aus. Zudem sei eine Absage an ein nach der Sommerpause durch das Parlament gewunkenes Heizungsgesetz "parlamentarische Pflicht".


Habeck will Wirtschaft mit Maßnahmen-"Dreiklang" stützen 

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzt zur Stärkung der deutschen Wirtschaft auf einen "Dreiklang" aus zielgerichteten Investitionen, Abschreibungsmöglichkeiten und einem Industriestrompreis für eine Übergangsphase von einigen Jahren. Dies sei Habecks "Lösungsweg", sagte Ministeriumssprecherin Annika Einhorn auf die Frage nach Maßnahmen für ein mögliches Konjunkturpaket. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei "grundsätzlich der Meinung, dass Deutschland weiterhin ein sehr attraktiver Industriestandort ist", betonte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. "Eine ganze Reihe von Maßnahmen sind bereits getroffen worden, weitere sind auf dem Weg oder werden diskutiert", erklärte sie. Scholz sei zudem der Ansicht, "dass Deutschland vertretbare, niedrige Energiepreise braucht, aber ohne dauerhafte Subventionen." Die Union hatte ein Konjunktur-Sofortprogramm gefordert und dazu fünf Punkte genannt, darunter eine Senkung der Stromsteuer.


Union fordert Bundestagsabstimmung über digitalen Euro 

Der Bundestag soll nach dem Willen der Union beim Start einer europäischen Digitalwährung ein gewichtiges Wort mitsprechen. "Wir als Unionsfraktion fordern, dass der Bundestag über die Einführung des digitalen Euros abstimmt - und dass die Bundesregierung sich bei der Entscheidungsfindung im Europäischen Rat dann auch an den Beschluss des Parlaments hält", sagte der Obmann der Unionsfraktion im Finanzausschuss, Matthias Hauer, dem Handelsblatt. "Wir brauchen eine breite öffentliche Debatte über den digitalen Euro - auch im Bundestag", forderte er.


Sachsens Innenminister will mehr Tempo bei Rückführungen 

In der Debatte über eine schärfe Asylpolitik hat Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) dem Bund Zögerlichkeit vorgeworfen. Die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorgelegten Vorschläge seien zwar richtig, sagte Schuster im Deutschlandfunk nach Angaben des Senders. Die Ausgestaltung sei aber zu miniaturhaft und zu langsam. Schuster plädierte für Kontrollen an deutschen Grenzen. Zudem forderte er den Aufbau von Rückführungszentren, in denen die Abschiebung insbesondere sogenannter Gefährder und von Intensivstraftätern organisiert werde. Voraussetzung für mehr Abschiebungen seien Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern. Eines der Länder, mit denen man Probleme bei Abschiebungen habe, sei Tunesien. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei in der Pflicht, persönlich mit Tunis ein Migrationsabkommen auszuhandeln.


BVMW: Unions-Plan zu wenig ambitioniert 

Der Vorsitzende des Mittelstandsverbands BVMW, Christoph Ahlhaus, hält den Fünf-Punkte-Plan der Union zur Ankurbelung der deutschen Wirtschaft für zu wenig ambitioniert. "Der deutsche Mittelstand begrüßt es sehr, wenn die Union ihrer Oppositionsrolle nach einer zweijährigen Findungsphase nun endlich gerecht werden will und sich nach 20 Jahren nun wieder spürbar auf ihre wirtschaftliche Kompetenz besinnt", sagte Ahlhaus. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass auch die Unionsparteien für zahlreiche katastrophale Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre Verantwortung trügen. "Der ungewöhnlich laute Weckruf zahlreicher Unternehmerpersönlichkeiten in diesen Tagen darf nicht ungehört bleiben. Dafür ist der 5-Punkte-Plan der Union noch deutlich zu wenig ambitioniert", sagte Ahlhaus. "Merkel 2.0" genüge nicht, um einen drohenden Totalabstieg in die internationale Bedeutungslosigkeit aufzuhalten. Bis Anfang September sollten CDU/CSU "ein umfassendes Sofortprogramm für den Sanierungsfall Deutschland vorlegen".


SPD-Fraktionsvize Hubertz gegen Konjunkturprogramm 

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz hat den Forderungen der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang zum Start einer "Investitionsagenda" eine Absage erteilt. "Das beste Rezept ist und bleibt eine aktive Industriepolitik, die die Wirtschaft beim notwendigen Umbau und auf dem Weg aus der Krise unterstützt", sagte sie der Bild-Zeitung. "Rufe nach Konjunkturprogrammen sind viel zu leicht gedacht und lösen nicht unser Problem." Der richtige Ansatzpunkt seien die Bedingungen zum Wirtschaften. Nötig sei ein "robuster Transformationsrahmen", der Investitionen in neue Technologien und zentrale Infrastruktur - ob Strom, Daten und Verkehr - ankurbele, Unsicherheiten reduziere und Bürokratie senke.


Kinderärztepräsident fordert Gebühr für Notdienst-Nutzung 

Kinderärztepräsident Thomas Fischbach hat eine Gebühr für Notfallbehandlungen gefordert. "Die Notfallversorgung muss auf Notfälle konzentriert werden und nicht für die Pickel am Po der Kinder, für die die Eltern unter der Woche keine Zeit haben und mit denen man dann am Wochenende beim Notdienst aufschlägt", sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Für solche Fälle hielte ich eine Eigenbeteiligung der Versicherten für absolut sinnvoll." Es sei schade, dass sich die Politik aus Angst vor Gegenwind nicht wirklich an das Thema herantraue. "Die knappen Notfall-Ressourcen werden immer und immer wieder von nicht dringend handlungsbedürftigen Fällen in Anspruch genommen, und damit muss Schluss sein. Bei echten Notfällen können die Kosten erstattet werden, das ließe sich mit wenig Aufwand umsetzen", sagte Fischbach.


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August 07, 2023 09:21 ET (13:21 GMT)