Berlin/Frankfurt (Reuters) - Die Deutsche Bahn hat im Tarifstreit mit der Lokführergewerkschaft GDL ein neues Angebot vorgelegt und will damit angekündigte Streiks verhindern.

Erstmals komme man der Gewerkschaft bei ihrem Kernthema Arbeitszeitverkürzung entgegen, erklärte die Bahn am Freitag. "Um einen guten Kompromiss zu finden, wollen wir gemeinsam über neue Wege einer intelligenten und zeitgemäßen Arbeitszeitgestaltung sprechen", sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. "Wahlmodelle sind da der richtige Weg, weil die Mitarbeitenden selbst entscheiden können." Weitere Arbeitskämpfe seien damit völlig überflüssig. Die Bahn lud für Mittwoch zu neuen Gesprächen ein. Eine Reaktion der GDL lag zunächst nicht vor.

Die GDL hat bereits zweimal mit einem Warnstreik den Zugverkehr in Deutschland weitgehend zum Erliegen gebracht. Kurz vor Weihnachten hatten die GDL-Mitglieder in einer Urabstimmung zudem den Weg für einen unbefristeten Streik freigemacht. Der von der GDL ausgerufene Weihnachtsfrieden endet am Montag. Allerdings wird es dem Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes (dbb) zufolge, frühestens am Mittwoch einen Ausstand geben. Grund sei die Jahrestagung des dbb, im dem die GDL Mitglied ist. Er habe mit GDL-Chef Claus Weselsky verabredet, "dass während der Tagung in Köln keine Streiks stattfinden werden", sagte dbb-Chef Ulrich Silberbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Die An- und Abreise ist sichergestellt. Was danach passiert, liegt nicht mehr in meiner Hand."

Die Bahn bietet bereits heute verschiedene flexible Wahlmodelle etwa zwischen mehr Lohn oder mehr Urlaub an. Nun will der Staatskonzern das Angebot so ausweiten, dass für die Beschäftigten im Schichtdienst weitere Wahlmodelle hinzukommen. Das Volumen des Gesamt-Angebots orientiere sich weiterhin an den Abschlüssen im Öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder. Insgesamt bedeutet dies eine Lohnerhöhung von rund elf Prozent und eine Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro. Die Laufzeit soll 32 Monate betragen.

Die GDL hatte Ende November die Gespräche mit der Bahn für gescheitert erklärt. Größter Streitpunkt ist die von der Gewerkschaft geforderte Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn hält das auch angesichts des Arbeitskräftemangels für nicht umsetzbar. Dazu verlangt die GDL 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro.

Parallel lässt die Bahn derzeit vor Gericht prüfen, ob die GDL überhaupt noch tariffähig ist. Hintergrund ist, dass sie durch die Gründung ihrer Leiharbeiter-Genossenschaft Fair Train womöglich ihre Tariffähigkeit verloren habe. Dazu hat die Bahn eine Feststellungsklage beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingereicht. Es gebe personelle Verflechtungen und schwere Interessenkonflikte. GDL und Fair Train hätten quasi mit sich selbst einen Tarifvertrag geschlossen, argumentiert die Bahn.

(Bericht von Markus Wacket und Philipp Krach, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)