Die Corona-Krise hinterlässt auch bei den Großbanken tiefe Spuren.

Dennoch dürfen die Starhändler der Geldhäuser auf hohe Boni hoffen. Zu groß ist die Furcht, sie an Rivalen zu verlieren, die besser zahlen - zumal das Wertpapiergeschäft floriert. "Die Banken bewegen sich weitgehend im Gleichschritt", sagt Simon Patterson vom Vergütungsberater Pearl Meyer. "Niemand will als erster kürzen."

Der Vergütungsberater hatte im Juni 75 Institute befragt. 63 Prozent haben ihr Bonussystem bislang nicht geändert oder darüber nachgedacht, obwohl 70 Prozent der Teilnehmer mit Belastungen durch die Corona-Krise rechnen. Pearl Meyer berät jährlich mehr als 1000 Unternehmen bei den Vergütungssystemen für die Mitarbeiter. Die Finanzmärkte hätten zwar schon immer geschwankt, aber die aktuelle Situation sei beispiellos, sagt Patterson. "Niemand weiß wirklich, ob das nächste Jahr ein Festmahl wird oder eine Hungersnot", sagt Patterson. Die Beratungsagentur Johnson Associates erwartet sogar, dass die Boni von Anleihehändlern in diesem Jahr um 30 Prozent steigen könnten.

Denn während das Investmentbanking derzeit brummt, leiden andere Sparten unter den Folgen der Corona-Krise und steigenden Kreditausfällen. Schon zu Beginn der Pandemie hatten Banken mit hohen Bonuszahlungen den Unmut der Aufseher auf sich gezogen, die forderten, in der Krise das Geld zusammenzuhalten.

Die britische Aufsichtsbehörde PRA hat daher im März Bonuszahlungen an Top-Management und Risikoträger bei den größten heimischen Banken untersagt, so dass einige Starhändler leer ausgehen könnten. Bislang ist unklar, wie lange das Verbot in Kraft bleibt. Die PRA erklärte, sie werde die Auszahlungspläne der Banken für die Zeit nach 2020 im vierten Quartal bewerten. Die britische Aufsichtsbehörde FCA hat die Banken aufgefordert, ihre Boni an die langfristigen Geschäftserwartungen anzupassen.

EXTREME ZURÜCKHALTUNG

Die Europäische Zentralbank, die für die Aufsicht von Großbanken in der Euro-Zone wie die Deutsche Bank und die Commerzbank zuständig ist, hat die Institute zur Vorsicht bei Bonuszahlungen ermahnt. Sie sollten bei der variablen Vergütung extrem zurückhaltend verfahren, um in der Krise Kapital zusammenzuhalten. Diese Empfehlung gilt zunächst bis zum 1. Januar 2021. Die meisten europäischen Banken legen erst danach die Höhe der Boni fest. Auf lange Sicht verlangte die EZB von den Banken zu prüfen, ob ein größerer Teil der variablen Vergütung länger aufgeschoben oder etwa in Aktien gezahlt werden könnte.

Insider bei zwei internationalen Großbanken sagen, es sei zu früh, um über die Boni für bestimmte Sparten zu spekulieren. Viele Händler erwarteten jedoch wegen des brummenden Wertpapiergeschäfts im ersten Halbjahr hohe Auszahlungen. Ein Insider sagt, die Institute schreckten davor zurück, die Bonussysteme anzupassen - aus Furcht, Mitarbeiter zu vergraulen, die das Geschäft in schwierigen Zeiten am Laufen hielten. Auch sei die Aussicht auf Boni wichtig, um junge Talente anzuwerben.

Doch der Kostendruck und die Furcht vor einem öffentlichen Aufschrei wegen hoher Auszahlungen mitten in der Rezession könnten Banken zum Handeln zwingen. Sie stecken in der Zwickmühle. Zum einen wollten sie ihre Bonussysteme anpassen, um Manager dafür zu belohnen, wenn sie für mehr Diversität sorgen oder Umweltziele erfüllen, sagt Justine Woolf von InnectoReward Consulting. Doch Top-Manager sind kaum bereit, auf ihre Chance auf große Boni zu verzichten. Also suchten einige Arbeitgeber nach Alternativen, um die Wogen zu glätten, sagt Woolf. Dazu gehören etwa bestimmte Formen einer aktienbasierten Vergütung (restricted stock).