FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Smallcaps tun sich weiter schwer, die Bewertungen sind extrem niedrig. Einige Aktien haben sich aber deutlich erholt, etwa Pantaflix, Fashionette und Veganz. Deutsche Rohstoff klettert sogar auf Rekordhoch. Die drei Fragen gehen diesmal an Georg Issels von Scherzer & Co.

18. Oktober 2023. Krieg in Israel, hohe Zinsen, schwache Konjunktur - die vielen schlechten Nachrichten lasten auch auf dem Scale-Segment. Der Scale All Share liegt am Mittwochmorgen bei 1.130 Punkten nach 1.182 vor einem Monat. Seit Jahresanfang ergibt das ein Minus von 8 Prozent. Auf ein neues Allzeithoch von 33,80 Euro geklettert ist allerdings Deutsche Rohstoff (DE000A0XYG76). Dem Mannheimer Rohstoff- und Bergbauunternehmen kommt der hohe Ölpreis zugute. Schon Ende September hat das Unternehmen die Prognose für 2023 und 2024 angehoben - wegen des Ölpreises und einer starken operativen Entwicklung. Die neu begebene Unternehmensanleihe (DE000A3510K1) kommt auch gut an und wird aktuell über 105 Prozent gehandelt.

Mit einem Anstieg von 24 auf über 33 Euro gehört Deutsche Rohstoff zu den Scale-Aktien mit der besten Entwicklung auf Sicht von zwölf Monaten. Noch stärker gestiegen ist der Kurs des Medienunternehmens Pantaflix (DE000A12UPJ7), und zwar von 0,71 Euro vor einem Jahr auf jetzt 1,69 Euro - mehr als eine Verdoppelung. Auf Kurszuwächse von rund 57 Prozent kommen die Veganz Group (DE000A3E5ED2) und der Kassensystemanbieter Vectron Systems (DE000A0KEXC7), vielen bekannt aus Bäckereien. Immerhin noch 45 Prozent sind es, für den Düsseldorfer Online-Händler von Luxus-Accessoires Fashionette (DE000A2QEFA1). In allen Fällen waren dem Anstieg allerdings deutliche Rücksetzer vorausgegangen.

Veganz und Fashionette erfinden sich neu

Die Veganz Group, die sich selbst als "Lebensmittelmarke für innovative Produktvielfalt und veganen, nachhaltigen Genuss aus Berlin" bezeichnet, schrieb im ersten Halbjahr zwar weiter rote Zahlen. Der Verlust verringerte sich aber. Das Unternehmen hat die Produktpalette zusammengestrichen und unter anderem die Tiefkühlpizza aus dem Sortiment geworfen. "Unsere konsequente Konzentration auf Profitabilität, Innovation und Nachhaltigkeit zeigen im schwierigen makroökonomischen Marktumfeld Wirkung", erläuterte CEO und Gründer Jan Bredack. Auch Fashionette hat neue Wege eingeschlagen und unrentable Marktsegmente eingestellt. Das zeigt nun erste Früchte.

KI-Hoffnung bei Pantaflix

Für Pantaflix heißt es "Zurück zu den Wurzeln". Das 2009 unter anderem von Schauspieler Matthias Schweighöfer gegründete Unternehmen will sich wieder auf Filmproduktionen konzentrieren anstelle des Streaming. Neu ist, dass nun Künstlichen Intelligenz (KI) zum Einsatz kommt. Dafür arbeitet Pantaflix mit dem US-Unternehmen Runway AI zusammen, das als Pionier im Bereich entsprechender KI-Software gilt. Das Analysehaus Montega hält den jüngsten Kursanstieg allerdings für übertrieben: "Wenngleich der Halbjahresbericht eine starke operative Entwicklung andeutet, sehen wir derzeit keine fundamentalen Veränderungen", heißt es. Die Perspektiven im KI-Bereich könnten zwar durchaus attraktiv sein, seien aber zu unsicher. Montega rät daher zum Verkauf der Aktie und nennt ein Kursziel von 0,85 Euro.

Formycon macht Fortschritte

2022 gehörte auch Formycon (DE000A1EWVY8) zu den Gewinnern, dieses Jahr sieht es anders aus. Aktuell wird die Aktie zu 53,60 Euro gehandelt nach fast 92 Euro Anfang des Jahres. Das Unternehmen aus Martinsried bei München bietet Biosimilars an, also kostengünstige biopharmazeutische Nachfolgeprodukte. Eigentlich läuft es nicht schlecht: Formycon lieferte gute Zahlen für das erste Halbjahr.

Das Analysehaus AlsterResearch hält die aktuelle Bewertung daher auch für viel zu niedrig, rät zum Kauf und nennt ein Kursziel von 100 Euro. Ein Grund: Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat den Zulassungsantrag für den Biosimilar FYB202 akzeptiert. "Formycon - abgestraft wie eine Evotec oder andere Biotechs - sollte einen zweiten Blick wert sein", meinte auch das Nebenwerte Magazin kürzlich. Die Entwicklungspipeline beginne "zu liefern". Die Absatzzahlen bereits zugelassener Biosimilars stiegen kräftig, ebenso die umsatzabhängigen Einnahmen.

Daldrup: Hoffen auf kommunale Wärmeplanung

Seitwärts geht es seit einiger Zeit für 2G Energy (DE000A0HL8N9). 2G profitiert als Hersteller von Blockheizkraftwerken von der wachsenden Nachfrage nach dezentraler Energieversorgung. Allerdings hat das Hin und Her in Sachen Gebäudeenergiegesetz GEG für Verunsicherung und verzögerte Auftragseingänge gesorgt. Zuletzt abwärts ging es hingegen für Daldrup & Söhne, der Bohrtechnik- und Geothermiespezialist gilt ebenfalls als Profiteur der Energiewende.

Daldrup hat für das erste Halbjahr 2023 eine positive operative Entwicklung in allen Geschäftsbereichen gemeldet. Die Nachfrage nach Bohrdienstleistungen für Geothermieprojekte nehme deutlich zu, erklärte Unternehmenschef Andreas Tönies bei Vorlage der Zahlen. Mit dem Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung stünden Kommunen und Stadtwerke nun in der Pflicht, die Wärmeversorgung zügig zu dekarbonisieren. "Geothermie kann in den meisten Regionen Deutschlands erneuerbare, grundlastfähige Wärme bereitstellen und speichern." Daldrup wird aktuell von SMC-Research und Pareto Securities bewertet und in beiden Fällen empfohlen. SMC sieht das Kursziel bei 11,40 Euro, Pareto bei 14 Euro. Aktuell wird die Aktie zu knapp 8 Euro gehandelt.

Scherzer zu billig?

Potenzial hat nach Einschätzung von GSC Research auch die Beteiligungsgesellschaft Scherzer & Co. (siehe drei Fragen an..). Der deutliche Gewinn im ersten Halbjahr schlage sich nicht adäquat im Börsenkurs nieder. Der liege weit unter dem zuletzt gemeldeten inneren Wert. Zudem verfüge Scherzer noch über beachtliche Potenziale aus mehreren Abfindungsspekulationen. GSC rät zum Kauf und nennt als Kursziel 3,15 Euro, deutlich über den aktuellen 2,42 Euro.

Drei Fragen an .... Dr. Georg Issels, Vorstandschef von Scherzer & Co

Börse Online nannte Scherzer & Co vor kurzem eine "kleine, aber feine Kölner Beteiligungsgesellschaft" mit Parallelen zu Warren Buffets Berkshire Hathaway. Zu viel des Lobs oder berechtigt?

Tatsächlich halten wir uns auch für eine kleine, feine Kölner Beteiligungsgesellschaft und freuen uns, wenn wir in der Community positiv gesehen werden. Was die Performance angeht, können wir mit dem guten alten Warren Buffett nicht mithalten. Gleichwohl haben wir ebenfalls einen langfristigen Ansatz und besitzen eine große Flexibilität. So können wir Marktopportunitäten schnell ausnutzen. Zum Beispiel können wir auch in Aktien investieren, die einem Delisting unterworfen wurden, wie etwa in Rocket Internet oder Centrotec.

Die Aktie hat sich zuletzt nicht so gut entwickelt. Woran liegt das?

Wir beobachten seit einiger Zeit eine Baisse bei Smallcaps. Die Handelsvolumina sind stark gesunken und viele Aktien sozusagen ausgetrocknet. Kleine Aktien sind derzeit so günstig bewertet wie seit Jahren nicht. Auch unsere Aktie ist davon betroffen.

Analysten verweisen auf den weit unter dem Net Asset Value, dem inneren Wert, liegenden Börsenkurs Ihrer Aktie, woraus Potenzial erwachse. Sehen Sie das auch so?

Wir veröffentlichen monatlich unseren NAV und sind vom Potenzial unserer Aktie überzeugt. Daher haben wir uns gerade entschlossen, unter Ausnutzung der von der Hauptversammlung erteilten Ermächtigung ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von bis zu 1 Million Euro aufzulegen.

Die Scherzer & Co. AG ist eine in Köln ansässige Beteiligungsgesellschaft. Ihr Ziel ist, durch sowohl sicherheits- als auch chancenorientierte Investments langfristig Vermögen aufzubauen. Dabei sieht sich die Gesellschaft als eines der führenden notierten Beteiligungsunternehmen im Bereich Sondersituationen und Corporate Action.

von: Anna-Maria Borse © 18. Oktober 2023, Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)