Achtung Lenkungswirkung, Kommentar zum Emissionshandel von Stefan
Paravicini
Frankfurt (ots) - Keine Frage, der steigende Preis für Kohlendioxidemissionen
entfaltet schon jetzt seine Lenkungswirkung. Ob der im Herbst gestartete
nationale Emissionshandel für die Bereiche Wärme und Verkehr in Deutschland
bereits zu klimaschonenden Verhaltensänderungen geführt hat, darf zwar
bezweifelt werden. An der Zapfsäule macht sich die CO2-Abgabe bislang jedenfalls
nur im einstelligen Centbereich bemerkbar. Der Verkauf von Emissionszertifikaten
zum 2021 gültigen Festpreis von 25 Euro für die Tonne CO2, der bis 2025 auf 55
Euro steigen soll, hat seit dem Start im Herbst aber immerhin schon mehr als 7
Mrd. Euro in die Staatskasse gelenkt.

Die Einnahmen aus der nationalen CO2-Abgabe, die zur Gänze dem Energie- und
Klimafonds zufließen und unter anderem für eine Absenkung der Umlage für
erneuerbare Energien verwendet werden, hatten Experten fast auf den Euro genau
auf der Rechnung. Über den Erwartungen liegen die Einnahmen aus dem europäischen
Emissionshandel (EU-ETS), die sich im vergangenen Jahr glatt verdoppelten und
mehr als 5 Mrd. Euro ausmachten. Der 2005 gestartete EU-ETS umfasst Kraftwerke
sowie Industrieanlagen und seit 2012 auch den innereuropäischen Luftverkehr. Bei
der jüngsten Auktion von europäischen Verschmutzungsrechten in Deutschland
mussten die betroffenen Unternehmen mit 82,25 Euro den bisher höchsten Preis pro
Tonne CO2 bezahlen, nachdem die Versteigerungen hierzulande im Vorjahr noch
durchschnittlich 24,61 Euro pro Tonne eingebracht hatten.

Der Preis der an der Börse gehandelten Futures auf die europäischen
Verschmutzungsrechte hat sich 2021 beinahe verdreifacht und von Oktober bis
Dezember um fast 50 % auf knapp 90 Euro aufgeschlagen. Auch hier greift eine
Lenkungswirkung, denn spätestens die ambitionierten Klimaziele der EU bis 2030
haben eine Schar von Finanzmarktakteuren in den Markt gelotst, die CO2 als eine
attraktive Assetklasse sehen.

Die zu beobachtende Finanzialisierung des Emissionshandels muss kein schlechtes
Zeichen für das Klima sein, weil auch der CO2-Markt von mehr Liquidität
profitieren kann. Sie birgt aber auch Gefahren, weil der allein auf politischem
Willen gegründete Markt schlecht auf den Umgang mit neuen Marktteilnehmern wie
Hedgefonds vorbereitet ist. Experten mahnen eine Verbesserung von Transparenz,
Überwachung und Regulierung an. Sonst droht der Emissionshandel als Instrument
des Klimaschutzes seine zentrale Lenkungswirkung einzubüßen.

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