Frankfurt (Reuters) - Die Erleichterung über ein Rettungspaket für die Schweizer Großbank Credit Suisse verschafft Europas Anlegern etwas Luft zum Durchatmen.

Der deutsche Leitindex Dax gewann am Donnerstag 0,6 Prozent auf 14.825 Punkte, sein europäisches Pendant EuroStoxx50 kletterte um knapp ein Prozent auf 4070 Zähler. Die Stützungsaktion der Schweizerischen Nationalbank (SNB) stellte bei den Anlegern verloren gegangenes Vertrauen in die Credit Suisse zum Teil wieder her. Nach dem Kurskollaps der vergangenen Tage schossen die Aktien um 21,5 Prozent hoch auf 2,06 Franken. Am Mittwoch war der Kurs zweitweise auf ein Rekordtief von 1,55 Franken abgestürzt.

Credit Suisse nimmt bei der SNB Kredite über bis zu 50 Milliarden Franken auf. "Die Maßnahmen sollten ein gewisses Maß an Sicherheit bieten, so dass ein Übergreifen auf den Sektor eingedämmt werden kann", sagte Anke Reingen, Analystin bei der Investmentbank RBC Capital Markets. Die Situation bleibe allerdings riskant.

Börsianer warteten nun am Nachmittag mit Spannung auf den Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB), die die neu aufgekommenen Sorgen um die Liquidität der Finanzhäuser vor weitere Herausforderungen stellt. Angesichts der Börsenturbulenzen haben Investoren inzwischen ihre Erwartungen an einen erneuten großen Zinsschritt drastisch zurückgeschraubt. Noch vor einer Woche wurde für die heutige Zinssitzung die Wahrscheinlichkeit einer Anhebung um einen halben Prozentpunkt auf deutlich mehr als 90 Prozent eingestuft. Inzwischen wird die Chance für einen solchen Schritt nur noch bei etwa 40 bis 45 Prozent verortet.

NOTENBANK-RETTUNGSLEINE FÜR CREDIT SUISSE BERUHIGT

Nach massiven Kursstürzen der vergangenen Tage gingen vor allem die Aktien von Banken am Donnerstag auf Erholungskurs. Im Dax legte die Commerzbank um ein halbes Prozent zu. Die spanischen Titel von Santander, BBVA und Caixabank stiegen bis zu knapp zwei Prozent. In Paris, Amsterdam und Brüssel ging es bei Finanzwerten ebenfalls aufwärts.

Der als sicherer Anlagehafen angesehene US-Dollar, der zuletzt noch stark gefragt gewesen war, flog wieder aus den Depots. Der Dollar-Index, der den Wert zu wichtigen Währungen misst, verlor 0,2 Prozent auf 104,47 Punkte. Auch der Run auf Staatsanleihen fand zunächst ein Ende. Im Gegenzug stieg die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf 2,214 Prozent von 2,118 Prozent an.

ANGST VOR BANKENKRISE KÖNNTE SCHNELL WIEDER AUFKOMMEN

Die Furcht vor weiteren Bankenpleiten weltweit nach dem Zusammenbruch der US-Kreditinstitute Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank sei aber nach wie vor vorhanden, warnten Börsianer. In Asien gingen die Kurse deswegen erneut in die Knie. Der japanische Bankensektor-Index verlor mehr als drei Prozent. Japans Banken haben hohe Anleihe-Positionen in ihren Portfolios, diese hatten bei der SVB zu hohen Verlusten und letztendlich zum Zusammenbruch geführt. "Das Wort Ansteckung macht die Runde ... wir sehen hier Angst auf der ganzen Linie", sagte Börsenmakler Damian Rooney vom Broker Argonaut.

Die Anleger wüssten, dass die Probleme der Banken von steil gestiegenen Zinsen herrührten, aber die einfach klingende Lösung wieder fallender Zinsen wegen der hohen Inflation eben keine sei, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst vom Broker CMC Markets. Mit Argusaugen werden deswegen die Investoren die Signale der EZB unter die Lupe nehmen. Die Erwartungen an den eigentlich als ausgemacht gegoltenen Zinsschritt der EZB um 50 Basispunkte sind an den Geldmärkten deutlich zurückgegangen. Denn dieser könnte die Unsicherheiten im Bankensektor nach Meinung von Marktteilnehmern noch verschärfen. "Aber auch ein kleinerer Schritt könnte als Eingeständnis der Währungshüter gesehen werden, dass die aktuelle Situation bedrohlicher für die Stabilität des Finanzsystems ist als erhofft", fasste Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege vom Handelshaus RoboMarkets, zusammen.

(Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Anika Ross und Zuzanna Szymanska