Berlin (Reuters) - Durch die Corona-Pandemie hat der Bund 2021 über 215 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen und damit so viel wie noch nie.

Finanzminister Christian Lindner verwies am Freitag darauf, dass der vom Bundestag unter der Vorgängerregierung bewilligte Kreditrahmen immerhin um knapp 25 Milliarden Euro unterschritten worden sei. "Wir tun also das, was nötig ist, aber es wird nicht ausgereizt, was möglich wäre", sagte der FDP-Chef in Berlin. Zur hohen Neuverschuldung 2021 trug auch bei, dass die neue Regierung aus SPD, Grünen und FDP 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen auf die kommenden Jahre überträgt. Teile der Opposition werten dies als verfassungswidrig.

Mit der Übertragung der Kreditermächtigungen verschafft sich die Regierung ein Milliarden-Polster für Investitionen etwa in den Klimaschutz und zur Digitalisierung, ohne dass die Kredite in der Schulden-Bilanz der Ampel-Koalition zu Buche schlagen. Sie verschafft sich damit mehr Spielraum, ihre Ankündigung einzulösen, ab 2023 die Schuldenbremse im Grundgesetz wieder einzuhalten. Sie war für die bisherige Rekordverschuldung im ersten Corona-Jahr 2020 in Höhe von gut 130 Milliarden Euro wie auch für den Haushalt 2021 ausgesetzt worden. Dies ist auch für den Etat 2022 geplant. Einen Entwurf der neuen Regierung für den diesjährigen Haushalt will Lindner Anfang März vorlegen. Sein Amtsvorgänger Olaf Scholz (SPD) hatte in einem Entwurf der alten Regierung neue Schulden von 100 Milliarden Euro geplant.

Lindner sagte in einer Bundestagsdebatte, er wolle in den nächsten Jahren aus dem Corona-Krisenmodus herauskommen. Der Staat müsse sich wieder Spielräume schaffen, um auch in der nächsten Krise handlungsfähig zu sein. Lindner bekräftigte, die Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten zu wollen. "In den Folgejahren ist es mein Ziel, die deutsche Schuldenquote zu reduzieren." Die Verschuldung liegt momentan bei gut 70 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Weltweit sind die Schuldenstände seit 2020 sprunghaft gestiegen. Mittlerweile hat sich die Lage aber wieder gebessert. Die deutsche Wirtschaft ist 2021 um 2,7 Prozent gewachsen.

KLAGEN GEGEN NACHTRAGSHAUSHALT ANGEKÜNDIGT

CDU und AfD kritisierten den Nachtragshaushalt für 2021, mit dem sich die Koalition ihre 60-Milliarden-Rücklage schafft, als verfassungswidrig, weil Kreditermächtigungen für die Pandemie umgewidmet und für Klima-Investitionen genutzt werden sollen. Sie forderten Lindner auf, den Nachtragsetat zurückzuziehen.

Der Bundestag soll den Nachtragshaushalt noch im Januar billigen. Danach könnten Klagen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht werden. In Kreisen des Finanzministeriums hieß es, mit der Klima-Rücklage werde die Konjunktur angeheizt. Außerdem erhielten Unternehmen Planungssicherheit für Investitionen.

Die Steuereinnahmen lagen dem vorläufigen Abschluss zufolge 2021 fast 30 Milliarden Euro über den Planungen. Außerdem wurden Vorsorgemaßnahmen nicht wie befürchtet benötigt. Die Corona-Wirtschaftshilfen summierten sich beispielsweise auf rund 46 Milliarden Euro. Insgesamt lagen die Ausgaben 2021 fast 16 Milliarden Euro unter den Planungen, obwohl der Bund außerplanmäßig 16 Milliarden in den Hilfsfonds für die Opfer der verheerenden Flut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz steckte. Die Investitionen summierten sich im vergangenen Jahr auf 45,8 Milliarden Euro - nach 2020 der zweithöchste Wert überhaupt.