Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die makroprudenziellen Aufsichtsbehörden des Euroraums müssen nach den Worten von Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch dafür sorgen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihrer Geldpolitik nicht auf die Stabilität nationaler Bankensysteme Rücksicht nehmen muss. Buch sagte bei einer Konferenz des Systemrisikorats ESRB (European Systemic Risk Board), zuständig für die makroprudenzielle Aufsicht seien vor allem die nationalen Behörden, wobei der ESRB der tendenziell vorhandenen Zögerlichkeit bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen ("inaction bias") entgegenwirken müsse.

Buch zufolge spielt der makroprudenzielle Handlungsrahmen mit Blick auf die Unabhängigkeit der Geldpolitik eine ähnliche Rolle wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt mit seinen Leitplanken für die Fiskalpolitik. Sie sagte: "Wir alle wissen, dass Geldpolitik unter Druck kommen kann, wenn eine notwendige monetäre Straffung verschoben wird, weil es Konsequenzen für die fiskalische Schuldentragfähigkeit geben könnte. Wir können in ähnlicher Weise eine Geldpolitik unter finanzieller Dominanz haben, wenn eine notwendige Straffung verschoben wird, weil es das Risiko von Instabilitäten im Finanzsystem gibt."

Makroprudenzielle Politik ist laut Buch letzten Endes zum Schutz von Fiskal- und Geldpolitik da. Andererseits müsse der ESRB aber auch die potenziellen Rückwirkungen von Fiskal- und Geldpolitik für die Finanzstabilität diskutieren. "Der ESRB hat gezeigt, dass er diese Probleme angeht, und wir sollten daran weiterarbeiten", sagte sie.

Buch wies darauf hin, dass die überwiegend nationale Zuständigkeit für die makroprudenzielle Aufsicht mit einer starken finanziellen Integration des Euroraums kontrastiert, die eine grenzüberschreitende Ausbreitung von Schocks begünstige. Die Bundesbank-Vizepräsidentin sprach von einem "sehr guten Netzwerk" nationaler Institutionen, die aber verschiedene makroprudenzielle Instrumente nutzten und diese in unterschiedlichem Tempo einsetzten.

Der ESRB müsse die grenzüberschreitenden Auswirkungen nationaler Finanzmarktpolitik beobachten, für den Einsatz der besten Praktiken sorgen und oben genanntem "inaction bias" entgegenwirken. "Wir alle wissen, wie schwierig es ist, die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen", sagte sie. Der Ausschuss für Finanzstabilität, dem die Bundesbank angehört, dürfte noch vor Weihnachten darüber entscheiden, ob in Deutschland ein antizyklischer Kapitalpuffer aktiviert wird.

Der wissenschaftliche Beratungsausschuss (ASC) des Systemrisikorats ESRB hatte kürzlich einen festen Handlungsrahmen für makroprudenzielle Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen die Stabilität des Finanzsektors bewahrt werden kann - ähnlich wie Preisstabilität durch Zentralbanken. Laut ASC hat die makroprudenzielle Politik derzeit ein Niveau, wie es die Geldpolitik in den 1960er Jahren hatte.

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December 08, 2021 06:41 ET (11:41 GMT)