Berlin (Reuters) - Die CDU-Spitze will das Bürgergeld der Ampel-Regierung mit einem neuen Gegenkonzept radikal umbauen, wenn sie selbst wieder in Regierungsverantwortung kommt.

Eine "neue Grundsicherung" soll Bestandteil einer "Agenda 2030" der CDU werden, sagte Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag nach einem entsprechenden Beschluss des Bundesvorstands der Partei in Berlin. Es gehe um eine große Sozialstaatsreform. Das vierseitige Konzept sieht vor, den Namen des bisherigen Bürgergelds wieder zu ändern, um allen zu signalisieren, dass staatliche Unterstützung nur denen zusteht, "die ihren Lebensunterhalt nicht durch eigene Arbeit oder Vermögen bestreiten können". Grüne und SPD kritisierten das Konzept als "Angriff auf den Sozialstaat".

"Der Sozialstaat bestand immer auf einem guten Verhältnis von Solidarität und Eigenverantwortung", sagte NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann. "Das Bürgergeld ist zu sehr ausgeschlagen in Solidarität und zu wenig in Eigenverantwortung." Das CDU-Konzept sieht härtere Sanktionen für diejenigen vor, die sich einer zumutbaren Arbeit total verweigern. "Lehnt ein arbeitsfähiger Grundsicherungsempfänger ohne sachlichen Grund eine ihm zumutbare Arbeit ab ('Totalverweigerer'), soll zukünftig davon ausgegangen werden, dass er nicht bedürftig ist", heißt es darin.

Totalverweigerer gar nicht mehr zu unterstützen, sei rechtlich möglich, betonte der frühere Präsident des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel. Sowohl Schlegel als auch Laumann betonten in der CDU-Pressekonferenz, dass es sich dabei um eine sehr kleine Gruppe unter den jetzigen Bürgergeld-Empfängern handele. Es gehe bei der geforderten Reform allerdings auch darum, den Menschen das Gefühl zu geben, dass es gerecht zugehe, betonte Laumann.

Die Union hat betont, dass sie die Reform des Bürgergelds zur Bedingung für die Bildung einer Koalition nach der nächsten Bundestagswahl machen will. Laumann verwies darauf, dass die Lage mit dem großen Bedarf an Arbeitskräften heute eine ganz andere sei als bei früheren Reformen in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit. "Gute Sozialpolitik nimmt die Menschen an die Hand, leitet sie an, damit sie wieder zu einem Leben kommen, wo sie eine Aufgabe haben. Und das ist natürlich im erwerbsfähigen Alter auch die Ausübung einer Berufstätigkeit."

Aus der SPD und von den Grünen kam deutliche Kritik. "Das ist ein Angriff auf den Sozialstaat", sagte Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang. Hier werde Panikmache auf dem Rücken der Schwächsten betrieben. "Es bleibt inhaltlich falsch." Zuvor hatte sich SPD-Co-Chef Lars Klingbeil bereits kritisch geäußert. Es sei richtig, dass der Staat sich auch daran hält, Menschen ein Existenzminimum zu geben, sie sozial abzusichern. Auch Klingbeil sprach von einem "Angriff auf den Sozialstaat". Die Höhe des Bürgergeldes sei durch einen Verfassungsgerichtsbeschluss festgelegt, sagte er zu der Kritik einer zu starken Steigerung. Der Mechanismus sei mit Zustimmung der Union beschlossen worden und deshalb werde es auch keine Änderungen geben.

Teilweise Zustimmung zu den Unions-Vorschlägen kam dagegen vom Deutschen Caritasverband. Der Begriff der Grundsicherung sei für den "befähigenden Charakter des Leistungssystems" besser geeignet als das Bürgergeld, teilte die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Welskop-Deffaa, mit.

(Bericht von Andreas Rinke, Christian Krämer; redigiert von Sabine Ehrhardt, Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)