Der Dax kletterte vor dem EZB-Zinsentscheid am Nachmittag um 0,7 Prozent auf 11.144 Zähler. "Die psychologische Marke von 11.000 Punkten scheint in der Hand der Bullen zu sein", sagte Salah-Eddine Bouhmidi, Marktanalyst beim Brokerhaus DailyFX.

Zuletzt hatten sich die Investoren wegen der lauernden Konjunkturrisiken wieder etwas vorsichtiger gezeigt. Experte Bouhmidi rechnete daher auch nicht mit allzu großen Sprüngen nach oben: "Nach wie vor bleiben der US-Haushaltsstreit und der Handelskrieg mit China ungelöste Probleme, die eine erhöhte Volatilität mit sich bringen." Auch die Unsicherheit, wie es mit einem Vertrag über den für Ende März geplanten EU-Austritt Großbritanniens weitergeht, hielt die Investoren von größeren Zukäufen ab.

NEUE LIQUIDITÄTSSPRITZEN FÜR GELDHÄUSER IM EURO-RAUM?

In den Fokus rückte am Donnerstag auch die erste Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank. Experten gehen davon aus, dass die Notenbanker um EZB-Chef Mario Draghi angesichts der eingetrübten Wirtschaftslage eher vorsichtig sein werden. "Es ist nicht auszuschließen, dass es erst 2020 zu einer Zinserhöhung kommt", sagte Milan Cutkovic vom Broker AxiTrader. Gespannt sind die Investoren zudem, ob es zu neuen Liquiditätsspritzen für Geldhäuser im Euro-Raum kommt. Auf ihrer Dezember-Sitzung hatten die Währungshüter bereits über dieses Thema gesprochen.

Der Einkaufsmanagerindex für die Eurozone fiel jedenfalls ernüchternd aus. Der Privatwirtschaft droht zu Jahresbeginn eine Stagnation. Der Index - Industrie und Dienstleister zusammen - fiel im Januar überraschend um 0,4 Punkte auf 50,7 Zähler. Das ist der schlechteste Wert seit fünfeinhalb Jahren. In Frankreich sorgten die anhaltenden Proteste der "Gelbwesten" dafür, dass die Wirtschaft im Januar so stark schrumpfte wie zuletzt im November 2014. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, dürfte auch das dortige Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal zurückgehen. In Deutschland läuft es ebenfalls alles andere als rund: Hier schrumpfte die Industrie erstmals seit 2014. Der Euro verbilligte sich um bis zu 0,4 Prozent auf 1,1336 Dollar.

STMICROELECTRONICS SCHIEBT CHIPWERTE AN

Unter den Einzelwerten ragten die europäischen Chipwerte heraus, die von einer überraschend positiven Margenentwicklung beim französisch-italienischen Chiphersteller STMicroelectronics beflügelt wurden. Aktien von Infineon legten im Dax bis zu 6,6 Prozent auf 19,31 Euro zu, Siltronic gewannen im MDax sieben Prozent auf 85,14 Euro. Auch der österreichische Hersteller AMS und der niederländische Chip-Ausrüster ASML verzeichneten deutliche Kursaufschläge, der europäische Branchenindex gewann 2,3 Prozent. Die Papiere von STMicroelectronics sprangen um mehr als acht Prozent hoch.