FRANKFURT (AFP)--Ein deutsches Tochterunternehmen einer iranischen Muttergesellschaft kann nach der Ankündigung des Inkrafttretens von Sanktionen gegen den Iran von einem Kaufvertrag zurücktreten. Sie kann auch die Rückzahlung von Vorauszahlungen verlangen, wie das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mitteilte. Ein vorausgezahlter Kaufpreis von 36 Millionen Euro muss demnach zurückgezahlt werden. (Az.: 17 U 90/22)

Geklagt hatte die hundertprozentige deutsche Tochterfirma eines iranischen Unternehmens gegen einen Geschäftspartner. Die Tochterfirma hatte im Mai 2018 bei dem Geschäftspartner Graphitelektroden bestellt, die unmittelbar an die iranische Muttergesellschaft geliefert werden sollten. Das Tochterunternehmen verpflichtete sich zu einer Vorauszahlung vor der Lieferung.

Wenige Tage später kündigten die USA den Rückzug aus dem Iran-Abkommen und die Wiedereinführung der Sanktionen zum November 2018 an. Im August 2018 verpflichtete sich die Tochterfirma in einer Zusatzvereinbarung zur weiteren Vorauszahlung des Kaufpreises. Gegen 47 Millionen Euro Vorauszahlung wurden Waren im Wert von 11 Millionen Euro geliefert.

Im Oktober 2018 wurde die iranische Muttergesellschaft auf eine Sanktionsliste gesetzt. Der Geschäftspartner des deutschen Tochterunternehmens kündigte daraufhin einen vorübergehenden Lieferstopp an und weigerte sich, die Vorauszahlungen zurückzuzahlen. Das Tochterunternehmen erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag und klagte nun auf Rückzahlung der Vorauszahlungen sowie auf die Feststellung einer Schadenersatzpflicht.

Das Landgericht verurteilte den Geschäftspartner in erster Instanz zur Zahlung von rund 36 Millionen Euro und stellte eine Schadenersatzpflicht fest. Diese Entscheidung bestätigten die Richter am Oberlandesgericht nun und wiesen die Berufung des Geschäftspartners zurück. Das Tochterunternehmen war demnach wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.

Zu diesem Zeitpunkt war nach Ansicht der Richter zu erwarten, dass es sich bei den Sanktionen nicht um eine kurze Zeitspanne handeln würde, welche die Klägerin hätte hinnehmen müssen. Der Geschäftspartner darf sich unter Verweis auf die Sanktionen seiner Rückzahlungsverpflichtung laut einer EU-Verordnung nicht entziehen.

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January 24, 2024 07:00 ET (12:00 GMT)