- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz und Vera Eckert

Essen (Reuters) -E.ON--Chef Leonhard Birnbaum will den Energiekonzern mit dem größten Investitionsprogramm der Unternehmensgeschichte an die Spitze der Versorgerbranche in Europa katapultieren. "Wir wollen der Spielmacher der Energiewende sein", sagte der Manager am Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz in Essen. Rund 42 Milliarden Euro wolle der Konzern bis 2028 in den Ausbau seiner Geschäfte investieren, davon etwa 30 Milliarden in Deutschland. Im vergangenen Jahr habe E.ON in Europa über eine halbe Million Anlagen wie Wind und Solar, Wärmepumpen oder E-Auto-Ladestationen an sein Stromnetz angeschlossen. Insgesamt seien dies nun eine Million. Die zweite Million solle bis Ende 2026 hinzukommen.

Rückenwind bekommt E.ON durch ein starkes Ergebnis im vergangenen Geschäftsjahr. Der Konzern erzielte ein operatives Ergebnis (bereinigtes Ebitda) von 9,4 Milliarden Euro - ein Plus von 16 Prozent. Größter Gewinnbringer war erneut das Netzgeschäft. Für 2024 legte der Versorger die Latte mit einem Ergebnis zwischen 8,8 und 9,0 Milliarden Euro niedriger. Bis 2028 soll der Wert allerdings auf über elf Milliarden Euro steigen. Am Markt kamen die Zahlen gut an. Die Aktie legte zeitweise um mehr als sechs Prozent zu und zählte damit zu den größten Gewinnern im Leitindex Dax. Händler und Analysten erklärten, dass insbesondere der mittelfristige Ausblick besser als erwartet ausgefallen sei.

MILLIARDENSUMMEN FÜR DIE ENERGIEWENDE IN EUROPA

Mit den Investitionen von rechnerisch im Durchschnitt pro Jahr 8,4 Milliarden Euro ist E.ON in Deutschland vorne, einige andere europäische Schwergewichte investieren aber noch mehr. Der spanische Versorger Iberdrola kommt im Schnitt pro Jahr auf 15,7 Milliarden Euro, Enel aus Italien auf 11,9 Milliarden Euro. Einer Präsentation zufolge hat E.ON mit weiteren fünf bis zehn Milliarden Euro noch Luft nach oben.

"Wir haben eine solide Basis für das Wachstum der Zukunft und sehen für die Jahre 2024 bis 2028 in der Energiewende eine große Chance", sagte Birnbaum der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist organisches Wachstum. Es kann sein, dass wir an der einen oder anderen Stelle etwas zukaufen, um Fähigkeiten zu erwerben. Wir kaufen uns aber keinen Umsatz."

Auch von einer Konsolidierung der Branche in Europa hält er nichts. "Im Energiebereich haben wir schon einen relativ starken Energie-Binnenmarkt und eine ausgeprägte Zusammenarbeit", betonte Birnbaum. In der Schaffung einer Art Airbus der Energiekonzerne sehe er keinen Nutzen für E.ON.

In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Spekulationen über Fusionen in dem Milliardengeschäft mit Energie gegeben. Neben großen europäischen Playern wie Enel und Iberdrola oder Öl-Multis wie BP und Shell wurden dabei auch immer mal wieder E.ON und der Essener RWE-Konzern ins Spiel gebracht.

Sorge, dass E.ON bei den Investitionen die Anlage-Möglichkeiten ausgehen könnten, hat Birnbaum nicht. "Es gibt genügend Projekte, in die wir investieren können, wollen und werden." Auch ziehe es E.ON nicht in die Ferne: "Wir sind auf Europa fokussiert und bleiben das perspektivisch auch."

Dafür werden in den kommenden Jahren Tausende Mitarbeiter gesucht. E.ON habe im vergangenen Jahr rund 3000 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, davon rund 2400 in Deutschland. "Dabei haben wir natürlich auch festgestellt, dass wir kämpfen müssen um Spezialisten für Digitalisierung und in technischen Berufen. Trotzdem ist es uns auch hier gelungen, mehrere Hundert gesuchte Experten einzustellen."

Einen Einstieg in das Geschäft mit großen Übertragungsnetzen, wie es in Deutschland etwa Amprion oder Tennet betreiben, plant E.ON nicht. Dies sei ein Bereich mit einer völlig anderen Regulierung, betont Birnbaum. "Wir wollen unseren Geschäftsfokus jedenfalls nicht ändern." Bei der Frage, ob E.ON selbst zu einem Übernahmeziel werden könnte, gibt sich Birnbaum gelassen. "Die beste Verteidigung gegen eine Übernahme ist, dass man aus seinem Unternehmen den optimalen Wert herausholt und wächst. Und beides tun wir."

(Bericht von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz, Vera Eckert, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)