Kommentare, Einschätzungen und Entwicklungen zur Energieversorgung und -sicherheit in Deutschland:


Höhere Vorgaben für Gasspeicherstände gelten ab Freitag 

Vor dem Hintergrund des drohenden Gasmangels im Winter tritt am Freitag eine neue Verordnung zur weiteren Erhöhung der verpflichtenden Gasspeicherstände in Kraft. Die Lage bleibe "angespannt, deshalb verstärken wir nochmal unsere Anstrengungen und erhöhen nochmal die Vorgaben zur Speicherbefüllung", erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag. Die Speicher müssten bis zum Winter gefüllt werden. "Daran arbeiten wir mit ganzer Kraft." Die neue Verordnung sieht neben einem zusätzlichen Zwischenziel zur Speicherbefüllung auch eine Erhöhung der bisherigen Ziele für die Monate Oktober und November vor. So müssen die Gasspeicher in Deutschland zum 1. September zu 75 Prozent befüllt sein. Das bisherige Ziel von 80 Prozent zum 1. Oktober wird mit der neuen Verordnung auf 85 Prozent erhöht. Für den 1. November gilt nun das Ziel von 95 Prozent, bisher waren 90 Prozent Füllstand die Zielvorgabe gewesen. Aktuell sind die Gasspeicher in Deutschland zu gut 67 Prozent befüllt.


Kemfert sieht Heizkunden noch zwei bis drei Jahre in "kritischer Phase" 

Die Energieexpertin Claudia Kemfert rechnet nicht damit, dass sich die Lage für Heizkunden in Deutschland nach diesem Winter schnell wieder entspannen wird. Sie sehe Deutschland "für die nächsten zwei, drei Jahre noch in einer kritischen Phase", sagte die Leiterin der Energieabteilung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) der Nachrichtenagentur AFP. "Viele Heizkunden werden betroffen sein, gerade weil auch Niedrigeinkommensbezieher dann hohe Preise zahlen müssen. Das ist enorm problematisch." Den diese Woche durch die EU-Energieminister verabschiedeten Winter-Notfallplan mit geplanten Gaseinsparungen von 15 Prozent bis Ende März nannte Kemfert "eine wichtige Entscheidung". Es sei aber "fraglich, ob jetzt alle wirklich solidarisch sind", sagte sie. "Deutschland hat hier den größten Weg zu gehen, weil wir auch Mitverursacher sind der Krise, aber auch viel Gas verbrauchen."


Russische Hacker sollen deutsches Stromnetz ausspioniert haben - Bericht 

Russische Hacker sollen einem Medienbericht zufolge das deutsche Stromnetz mit einer Spionageaktion angegriffen haben. Ein mutmaßlicher Täter sei identifiziert, berichteten der Bayerische Rundfunk und der Westdeutsche Rundfunk. Gegen den Mann sei ein Haftbefehl erlassen worden. Er soll im Sommer 2017 das Netzwerk der Firma Netcom BW gehackt haben, das zum Stromkonzern EnBW gehört. Dadurch sei es gelungen, auf den Internetverkehr zuzugreifen. Die Strom- und Gasnetzsteuerung sei nicht betroffen gewesen, zitierte der Bericht EnBW. Der Mann soll laut dem US-Justizministerium Teil einer Hackergruppe sein, die für den russischen Geheimdienst FSB arbeitet. Diese habe es auch auf andere Energiekonzerne abgesehen. In wie viele Unternehmensnetze die Gruppe eingedrungen sei, sei unklar. Den Behörden sei es gelungen, den Internetverkehr der Hacker zumindest teilweise zu überwachen, weil sich einer der verwendeten Server in Deutschland befinde. Die Hacker sollen zudem strategisch wichtige Webseiten gehackt und leicht umgebaut haben, um vertrauliche Informationen wie Anmeldedaten abzugreifen. Betroffen davon sei unter anderem eine Firma, die für Energieversorger Internetauftritte entwickelt.


Selenskyj kündigt erhöhte Stromexporte in die EU an 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der Befürchtungen vor Energie-Engpässen in Europa verstärkte Stromlieferungen in die EU angekündigt. "Wir bereiten uns vor, unsere Elektrizitätsexporte an Verbraucher in der Europäischen Union zu erhöhen", sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner täglichen Fernsehansprache. "Unsere Exporte erlauben uns nicht nur, unsere Devisen-Einnahmen zu erhöhen, sondern helfen auch unseren Partnern, dem russischen Energie-Druck zu widerstehen." Die Ukraine war Mitte März an das europäische Stromnetz angeschlossen worden. Vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Land am 24. Februar war das ukrainische Netz mit dem russischen Netz synchronisiert. Anfang Juli begann die Ukraine dann mit Stromexporten in die EU über Rumänien. In der Ukraine stammt mehr als die Hälfte des Stroms aus der Atomkraft.


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July 28, 2022 09:45 ET (13:45 GMT)