Das Gericht der Europäischen Union kippte am Mittwoch die Nachforderung der EU-Kommission an den iPhone-Hersteller wegen umstrittener Steuerdeals. Ob und wann die EU-Kommission in Revision gehen werde, sei nach derzeitigem Stand noch nicht zu sagen, erklärte eine Kommissions-Sprecherin. Zunächst müssten die Auswirkungen des Urteils geprüft werden. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will trotz der Niederlage im bisher höchsten EU-Beihilfeverfahren an ihrem Kampf gegen Steuerpraktiken globaler Großkonzerne festhalten. Bereits 2016 hatte sie Apple angeordnet, die Milliardensumme zurückzuzahlen und damit einen der bekanntesten Technologiekonzerne weltweit ins Visier genommen. Apple wie auch Irland begrüßten das Urteil. Der US-Technologiekonzern betreibt einen großen Teil seines Europa-Geschäftes vom irischen Cork aus.

Die Kommission habe nicht ausreichend darlegen können, dass die vom irischen Staat gewährten Steuervergünstigungen ein unangemessener Vorteil nach dem EU-Wettbewerbsrecht sind, begründete das zweithöchste europäische Gericht in Luxemburg sein Urteil. Die Kosten für das Verfahren - auch die von Apple und Irland - muss die EU-Kommission tragen.

AUSWIRKUNGEN AUF ANDERE VERFAHREN

Das Luxemburger Urteil, das beim EuGH angefochten werden kann, dürfte auch noch laufende Verfahren gegen Steuerdeals von Ikea und Nike in den Niederlanden sowie Huhtamaki in Luxemburg beeinflussen. Vestager hat den Kampf gegen Steuerrabatte in den Mittelpunkt ihrer Amtszeit gestellt. Bereits im vergangenen Jahr hatte das EU-Gericht ihren Ambitionen einen Strich durch die Rechnung gemacht, als es eine Steuernachforderung an Starbucks kippte. Vestager will das Urteil nun eingehend analysieren, bevor sie über die nächsten Schritte entscheiden will. Die EU-Kommission werde aber weiterhin Steuerpraktiken auf illegale Staatshilfen überprüfen, teilte sie mit.

Die Nachforderung an Apple über 13 Milliarden Euro zuzüglich Zinsen war bei weitem der spektakulärste Vorstoß im Kampf der EU gegen Steuernachlässe, mit denen Mitgliedstaaten Großkonzerne in das jeweilige Land locken wollen. Konkret ging es der EU-Kommission um zwei Regelungen in Irland, die Steuerzahlungen für mehr als 20 Jahre künstlich gedrückt haben sollen - für Apple im Jahr 2014 auf lediglich 0,005 Prozent.

Die Regierung in Dublin, die sich in dem Streit hinter Apple gestellt hatte, begrüßte das Urteil. Es habe keine Sonderbehandlung oder Staatshilfen gegeben. Apple sei nach den normalen Vorschriften in Irland besteuert worden, erklärte das Finanzministerium. Durch niedrige Steuern lockte Irland viele internationale Konzerne ins Land, die ihren Europasitz in dem Land aufbauten. Ende 2019 arbeitete jeder zehnte Arbeitnehmer - damit rund 250.000 Menschen - für einen dieser Großkonzerne. Und doch gibt es auch Kritik am Vorgehen der Regierung. Der Finanzsprecher der Oppositionspartei Sinn Fein, Pearse Doherty, sagte: "Dies ist ein schlechter Tag für Steuerzahler."

Apple erklärte, in dem Fall sei es nie darum gegangen, wieviel Steuern das Unternehmen zahlen müsse, sondern wo. "Um zu ändern, wie die Körperschaftssteuern multinationaler Unternehmen auf verschiedene Länder aufgeteilt werden, braucht es eine globale Lösung", teilte der US-Konzern mit. Zumindest in diesem Punkt scheinen Apple und Vestager übereinzustimmen. Es sei eine passende Gesetzgebung nötig, um Schlupflöcher anzugehen und Transparenz zu schaffen, sagte Vestager.